ISBN | 3831048231 | |
Verlag | Dorling Kindersley | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 368 | |
Erscheinungsjahr | 2024 | |
Extras | - |
Vor etwa 100.000 Jahren begann den uns heute vorliegenden wissenschaftlichen Befunden zufolge die allmähliche Ausbreitung des Menschen über die Erde. Der Wandel der frühen Kleingruppen aus Jägern und Sammlern hin zur Sesshaftigkeit im Zuge der Neolithischen Revolution vor rund 12.000 Jahren ließ mit der Zeit komplexe Gesellschaften entstehen, in der die menschliche Kreativität ihre erste Blütezeit erlebte.
Während in den frühen Anfängen der Menschheitsgeschichte vor allem der Nutzen der verwendeten Gegenstände wie Stein- oder Knochenwerkzeuge im Alltag der Menschen eine zentrale Rolle spielten, brachte mit der Zeit der menschliche Einfallsreichtum weitere Gebrauchsgegenstände hervor, die sich für sehr lange Zeit bewährten. Hierzu gehören neben Waffen für die Jagd und zur Verteidigung gegen rivalisierende Gruppen auch Kleidung und Tontöpfe, gefolgt von diversen Utensilien, die aus Bronze und später auch aus Eisen gefertigt wurden. Im Mittelpunkt der Fertigung dieser und vieler weiterer Gebrauchsgegenstände stand vor allem der Wunsch des Menschen, sich den Alltag zu erleichtern und eine Verbesserung seiner Lebenssituation zu bewirken. Besonders bemerkenswert erscheint in dieser Hinsicht unser Antrieb, damals wie heute Dinge ohne praktischen Nutzen zu erschaffen. Die frühesten Belege für diesen kreativen Impuls – die Venus vom Hohle Fels (Deutschland) und die Höhlenmalerei von Altamira (Spanien) – reichen in eine Zeit vor etwa 40.000 Jahren zurück, als die Menschen noch nicht sesshaft waren. Dabei zeigt sich, dass die künstlerische Ambition tief im Menschen verwurzelt zu sein scheint, wie bereits im 19. Jahrhundert der englische Gelehrte William Morris bemerkte: So sind diese handwerklich-künstlerischen Zeugnisse unserer Vorfahren „kein bloßer Zufall im Leben, für den man sich entscheiden kann oder nicht, sondern eine Notwendigkeit“.
Um diesen fundamentalen Drang zur künstlerischen Verwirklichung, dem wir die ausdrucksstärksten, schönsten und bedeutendsten Objekte der Welt zu verdanken haben und die uns in den zahlreichen Kulturstätten und Museen immer wieder aufs Neue ins Staunen versetzen, geht es in der erst kürzlich im Dorling Kindersley Verlag erschienenen Publikation „Kulturschätze der Welt“. In dieser werden die Leser unter Federführung der Autoren Tony Allan, Kay Celtel, Ian Chilvers, Robert Fischer, Reg Grant, Philip Parker, Marcus Weeks und Iain Zaczek dazu eingeladen, die Schönheit, Kunstfertigkeit und kulturhistorische Bedeutung von über 200 Kulturschätzen aus aller Welt in Erfahrung zu bringen, die von figürlicher Kunst, bedeutenden Schriften, Malerei und Textilen bis hin zu Relikten antiker Reiche, den Ikonen der Neuzeit und der Kunst der Moderne reichen. Gegliedert in sieben Kapitel, die in die Perioden 40.000 bis 501 v. Chr., 500 v. Chr. bis 499 n. Chr., 500 bis 1199, 1200 bis 1499, 1500 bis 1699, 1700 bis 1899 und 1900 bis zur Gegenwart gegliedert sind und zusammen über 368 Seiten umfassen, wird dabei aufgezeigt, dass nahezu jede Kultur außergewöhnliche Gegenstände hervorgebracht hat, die zudem Einblicke in das Leben der Menschen der verschiedenen historischen Perioden geben. So offenbaren Artefakte, ganz gleich in welcher Periode sie geschaffen wurden, religiöse Vorstellungen, Bräuche und soziale Strukturen und verraten zudem, was den Menschen am Herzen lag. Trotz ihres sehr unterschiedlichen Aussehens haben die verschiedenen Objekte jedoch vieles gemeinsam: Ihre Herstellung erforderte viel Zeit, Mühe sowie praktisches Wissen und setzte zudem ein hohes Maß an handwerklichem Geschick und gestalterischem Feingefühl voraus. Und die meisten wurden mit Blick auf die Nachwelt gefertigt, was auf ein weiteres Bedürfnis des Menschen hinweist: den Wunsch, ein kulturellen Vermächtnis zu hinterlassen. Einige der in der Publikation vorgestellten Objekte wurden speziell für religiöse Zwecke geschaffen, darunter Gemälde und Skulpturen von Göttern, Fabelwesen, Ahnen oder Geschöpfen aus der Geisterwelt. Andere wiederum, wie Masken und Gefäße, hatten eher einen zeremoniellen Nutzen, während andere Objekte vor allem den gesellschaftlichen Status einer Person betonten oder eines bestimmten Ereignisses gedachten. Je weiter sich die einzelnen Kulturen entwickelten, desto öfter entstanden Gegenstände aus rein dekorativen Gründen, die ein eigener Berufsstand von Künstlern und Kunsthandwerkern herstellte und deren einziger Zweck darin bestand, Freude zu bereiten. Kreative und Kunstschaffende in der ganzen Welt setzen diese Tradition bis heute fort und schaffen eine unglaubliche Vielfalt an kulturellen Schätzen, die die Nachwelt ebenso in ihren Bann ziehen dürften, wie es die kulturellen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren auf uns haben.
Die Unverwechselbarkeit des im Dorling Kindersley Verlag erscheinenden Sachbuchtyps, einem auf Visualisierung komplexer Themen ausgerichteten Nachschlagewerks, kommt auch in der Publikation „Kunstschätze der Welt“ vollends zum Tragen. Indem über 200 bedeutende Kulturschätze aus aller Welt von der Frühzeit bis heute in diesem Werk erfasst werden, erhalten gleichermaßen geschichts- und kulturinteressierte Leser einen breiten Überblick über die Kunstfertigkeit des Menschen und wie sich diese im Laufe der Zeit verändert und weiterentwickelt hat. Die historisch stimmige Aufbereitung des sehr umfangreichen Textmaterials und die vielen Informationen zum historischen Kontext, dem kulturellen Erbe, den Künstlern und Künstlerinnen sowie ihre Größe und geografische Verortung sind dabei ebenso überzeugend, wie die umfangreiche visuelle Gestaltung mit zahlreichen Fotografien, die den Lesern erst offenbaren, zu welcher beeindruckenden Kunstfertigkeit der Mensch im Stande ist.
geschrieben am 26.10.2024 | 787 Wörter | 4908 Zeichen
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