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Integrale Spiritualität


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Rezension von

Daniel Bigalke

Integrale SpiritualitĂ€t „Die Menschheit befindet sich auf halbem Wege zwischen den Göttern und den Tieren.“ – Auf diese Aussage Plotins verwies der Philosoph Ken Wilber bereits 1997 in seinem Buch „Halbzeit der Evolution“, in dem er nachweist, daß dem Menschen noch eine weitere Evolution seines Bewußtseins bevorstehe. (Ken Wilber, Halbzeit der Evolution. Der Mensch auf dem Weg vom animalischen zum kosmischen Bewußtsein, Frankfurt/M., S. 7) Mit seinem neuen hier vorliegenden Buch denkt Wilber seine These in den Bereich der SpiritualitĂ€t hinein weiter, denn er prophezeit entsprechend jetzt, daß auf dem Wege der Höherentwicklung des menschlichen Bewußtseins die Entwicklung spiritueller Intelligenz unabdingbar ist. Seit gut 20 Jahren ist die Descartes’sche Interpretation von „Selbst“ und „Bewußtsein“ in vielen Bereichen auf dem RĂŒckmarsch. Schlagworte wie „Metaphysik” oder „New Age” beeinflussten bereits in den 1980er Jahren das Denken zahlreicher Skeptiker der herkömmlichen philosophischen oder naturwissenschaftlichen Branchen. Wilber befaßt sich nun konsequent mit der abschließenden ZusammenfĂŒhrung von Philosophie, Religion und Naturwissenschaft zu einer ernstzunehmenden Gesamtwissenschaft. Er stellt dabei die Bedeutung von SpiritualitĂ€t in den Vordergrund. Seine diesbezĂŒgliche Denkrichtung ist als „Integrale Theorie” bekannt, als deren Manifest dieses Buch jetzt gelten kann. Integrale SpiritualitĂ€t soll - so Wilber - die Welt retten können. Er stellt dar, wie die Erleuchtung der östlichen Religionen vortrefflich kombiniert werden kann mit der AufklĂ€rung des Westens, wie sie in der Entwicklungspsychologie zum Ausdruck kommt. Es bestĂ€tigt sich damit etwas, wofĂŒr Wilber steht: Es ist schon oft seine Leistung gewesen, höhere, spirituelle BewußtseinszustĂ€nde empirisch-wissenschaftlich zu untersuchen und zu gliedern – gerade unter Verwendung östlicher und westlicher spiritueller Schriften. Dies ist in der Tat ein lobenswerter und vor allem interessanter Ansatz, der sich in diesem Buch wieder bestĂ€tigt. Das neue Buch „Integrale SpiritualitĂ€t" ist damit zugleich – wie bereits angedeutet - Fortsetzung und Bilanz seines Denkens: Bilanz, weil Wilber im ersten Teil nochmals sein frĂŒher schon entwickeltes Denkmodell (AQAL) erlĂ€utert (277), was vor allem fĂŒr Erstleser von Vorteil ist; Fortsetzung, weil er das Modell durch weitere Dimensionen - eben die der SpiritualitĂ€t - ausbaut. AQAL ist sein theoretischer Ansatz zur Erfassung der Wirklichkeit. Wilbers Bewußtseins-Modell wird dadurch komplex und vernetzt. Es wird zu einem integralen Bewußtseins-System (279), das die Welt erfaßt, denn heute ist die Welt der Form nach enorm mannigfaltig, und sie entwickelt und entfaltet sich immer weiter. So muß sich die von ihm beschriebene Erleuchtung in gewissem Sinne in der Welt der Form, die sich stĂ€ndig verĂ€ndert, widerspiegeln. Es geht also darum, beides in einem integralen Bewusstsein zu vereinen und auch systematisch zu verkörpern. Ein interessanter neuer Aspekt ist der Beziehungsraster zwischen evolutionĂ€rem geistesgeschichtlichem und spirituellem Bewusstsein. Die Erleuchtung ist ein mehrphasiger Prozeß, der je nach Entwicklungsstufe des Einzelnen differenziert ist. D i e Erleuchtung als solche gibt es also nicht, ebensowenig wie d e n Weg als solchen. Auch der Erleuchtete muß sich noch weiterentwickeln, z.B. horizontal (Einswerden mit allen ZustĂ€nden), wie vertikal (Einswerden mit allen Stufen). Damit bietet das Buch Wilbers interessante Definition der Erleuchtung als „Verwirklichung des Einsseins mit allen Hauptstufen und Hauptstrukturen (
)“ dar. (337) Durch den integralen Ansatz bekommt auch Gott eine umfassende zeitlich evolutionĂ€re Gestalt. Der Autor zeigt, daß Einheit und DualitĂ€t unlösbar miteinander verbunden sind. Im 10. Kapitel schlĂ€gt er eine BrĂŒcke zur Praxis. Er schreibt ĂŒber die integrale Lebenspraxis jedes Einzelnen, welche die Ethik, Sex, Arbeit, Emotionen und Beziehungen umfaßt. (281) Ken Wilber als bedeutender Vertreter der Integralen Philosophie und SpiritualitĂ€t bearbeitet hier also Geistes- und Naturwissenschaften ebenso wie die Psychologie und das universelle Wissen der Ă€lteren Weisheitslehren. Das Buch ist Ergebnis seines in den letzten Jahren entwickelten integralen Modells, mit dessen Hilfe sich das ewig gĂŒltige Wissen, auch philsophia perennis genannt, auf alle Lebensbereiche anwenden lĂ€ĂŸt. Inmitten einer spezialistisch aufgesplitterten Philosophie- und Psychologieszene hat er auch hier wieder das Verdienst, das Ganze zu betrachten und konsequent zu denken. Er schließt damit von empirischen Forschungsergebnissen und einer New-Age-MentalitĂ€t her an die Tradition der philosophia perennis an und geht mit seinem „integralen“ Denken ĂŒber bisherige Grenzziehungen hinaus. Freilich ist eine solche Re-Integration ein anspruchsvolles Vorhaben. Und so bleiben einige Unstimmigkeiten beim Leser bestehen, auf die bisher trefflich der Sozialphilosoph Johannes Heinrichs hinwies und deren hier eine wesentliche benannt werden muß. (Johannes Heinrichs, Im Dialog ĂŒber die Seele. Transpersonale Psychologie und christlicher Glaube, hrsg. von Michael Utsch/Johannes Fischer, LIT Verlag, MĂŒnster 2003, 77-112) Wenn Wilber behauptet, daß das „Ich“ oder das „Selbst“ ĂŒberhaupt eine bloße Objektivierung sei oder das „Selbst zum Objekt in meinem Bewußtsein“ (180) werden könne, geht er nicht nur an der Einsicht des Augustinus und des Thomas von Aquin („reditio completa in seipsum“ - vollstĂ€ndige RĂŒckkehr in sich selbst) vorbei, sondern auch an der systembildenden Grundeinsicht des traditionellen und von ihm geschĂ€tzten deutschen Idealismus, den er doch mit Hegel wĂŒrdigt. (299) Das „Ich“ ist vielmehr ein Vollzug, ein Tun, das ein Auge in sich birgt; es ist das Auge, das sich selbst sieht. Eben an dieser selbstbezĂŒglichen (reflexiven) Einheit von Erkanntem und Erkennendem zerschellt der zweiwertige Dualismus von Subjekt und Objekt, dessen VersatzstĂŒcke Wilber auch im vorliegenden Buch noch vertritt. Reflexion – so auch Johannes Heinrichs - ist eben nicht bloß nachtrĂ€glich-objektivierende („nach-denkende“), sondern eine vorgĂ€ngig gelebte, innere Reflexion. Und diese Reflexion ist konstitutiv fĂŒr das Selbst oder die Person. Hier zeigt sich, daß Wilber sich nicht ausschließlich der Illusion hingeben sollte, alleiniger Apostel des „integralen“ Denkens zu sein. Er steht auch neben Heinrichs und den berĂŒhmten Theosophen (H. P. Blavatsky, A. Bailey u.a.) , die punktuell und in gewissen Bereichen ungleich weiter und tiefer gehen als Wilber. Wilber selbst bleibt manchmal trotz seines beanspruchten Integralismus in gelegentlichen AusfĂŒhrungen ĂŒber die politischen Richtungen wie Liberalismus oder Konservatismus (bzw. Kommunitarismus) und seine entsprechenden Syntheseversuche immer noch einem ĂŒberholten Links-Rechts-Schema verhaftet. Dennoch ist das vorliegende Buch fĂŒr Einsteiger in sein Werk und Kenner seines Denkens sehr begrĂŒĂŸenswert. Es zeigt die Komponenten der integralen Lebenspraxis (Körper, Verstand und Geist) auf (277) und plĂ€diert fĂŒr den Wechsel von der alten Metaphysik hin zu „Integraler Post-Metaphysik“ (363). Seine ErklĂ€rung: Die Moderne reduzierte die Ebenen des Selbst (Körper, Verstand, Seele, Geist) auf die unterste Ebene – die des Körpers oder auf rein physische RealitĂ€ten. Die Lösung liege also in der Reaktivierung der Ă€lteren Weisheitstraditionen. (365) Dabei betont er gerade, daß die objektiven Ebenen der RealitĂ€t vom erkennenden Subjekt mit erschaffen werden, wobei wir unsere Zweifel an seiner These, daß das „Ich“ selbst eine bloße Objektivierung sei, bereits anbrachten. Alle Ebenen der RealitĂ€t jedenfalls sind in Wilbers Post-Metaphysik mit den Ebenen des Selbst verbunden. In der alten metaphysischen Tradition hingegen befand sich der Betrachter oftmals an einer von allem entkoppelten Stelle oder Ebene. Seine neue Post-Metaphysik „ersetzt Wahrnehmung durch Perspektiven und definiert (
) das manifeste Reich neu als Reich der Perspektiven.“ (68) Mit diesem Buch hat Wilber – freilich nur in seinem eigenen Referenzrahmen - sein Ziel erreicht, die SpiritualitĂ€t von einer metaphysischen Betrachtung zu lösen und sie zu einer integralen Erkenntnistheorie zu wandeln. FĂŒr alle an wirklicher SpiritualitĂ€t Interessierten sowie fĂŒr fortschrittliche uns selbstĂ€ndige Philosophen in Beruf, Alltag und UniversitĂ€t ist es deshalb ein Muß. Der vom Autor proklamierte Beginn eines postmetaphysischen Zeitalters als integrales Zeitalter (368) ist in jedem Fall des ErwĂ€gens und einer LektĂŒre wert, denn betroffen kann jeder Einzelne, wenn er selbst denkt, sein. „Der neue Mensch ist integral und das gilt auch fĂŒr seine SpiritualitĂ€t." (Wilber)

„Die Menschheit befindet sich auf halbem Wege zwischen den Göttern und den Tieren.“ – Auf diese Aussage Plotins verwies der Philosoph Ken Wilber bereits 1997 in seinem Buch „Halbzeit der Evolution“, in dem er nachweist, daß dem Menschen noch eine weitere Evolution seines Bewußtseins bevorstehe. (Ken Wilber, Halbzeit der Evolution. Der Mensch auf dem Weg vom animalischen zum kosmischen Bewußtsein, Frankfurt/M., S. 7) Mit seinem neuen hier vorliegenden Buch denkt Wilber seine These in den Bereich der SpiritualitĂ€t hinein weiter, denn er prophezeit entsprechend jetzt, daß auf dem Wege der Höherentwicklung des menschlichen Bewußtseins die Entwicklung spiritueller Intelligenz unabdingbar ist.

Seit gut 20 Jahren ist die Descartes’sche Interpretation von „Selbst“ und „Bewußtsein“ in vielen Bereichen auf dem RĂŒckmarsch. Schlagworte wie „Metaphysik” oder „New Age” beeinflussten bereits in den 1980er Jahren das Denken zahlreicher Skeptiker der herkömmlichen philosophischen oder naturwissenschaftlichen Branchen. Wilber befaßt sich nun konsequent mit der abschließenden ZusammenfĂŒhrung von Philosophie, Religion und Naturwissenschaft zu einer ernstzunehmenden Gesamtwissenschaft. Er stellt dabei die Bedeutung von SpiritualitĂ€t in den Vordergrund. Seine diesbezĂŒgliche Denkrichtung ist als „Integrale Theorie” bekannt, als deren Manifest dieses Buch jetzt gelten kann.

Integrale SpiritualitĂ€t soll - so Wilber - die Welt retten können. Er stellt dar, wie die Erleuchtung der östlichen Religionen vortrefflich kombiniert werden kann mit der AufklĂ€rung des Westens, wie sie in der Entwicklungspsychologie zum Ausdruck kommt. Es bestĂ€tigt sich damit etwas, wofĂŒr Wilber steht: Es ist schon oft seine Leistung gewesen, höhere, spirituelle BewußtseinszustĂ€nde empirisch-wissenschaftlich zu untersuchen und zu gliedern – gerade unter Verwendung östlicher und westlicher spiritueller Schriften. Dies ist in der Tat ein lobenswerter und vor allem interessanter Ansatz, der sich in diesem Buch wieder bestĂ€tigt. Das neue Buch „Integrale SpiritualitĂ€t" ist damit zugleich – wie bereits angedeutet - Fortsetzung und Bilanz seines Denkens: Bilanz, weil Wilber im ersten Teil nochmals sein frĂŒher schon entwickeltes Denkmodell (AQAL) erlĂ€utert (277), was vor allem fĂŒr Erstleser von Vorteil ist; Fortsetzung, weil er das Modell durch weitere Dimensionen - eben die der SpiritualitĂ€t - ausbaut.

AQAL ist sein theoretischer Ansatz zur Erfassung der Wirklichkeit. Wilbers Bewußtseins-Modell wird dadurch komplex und vernetzt. Es wird zu einem integralen Bewußtseins-System (279), das die Welt erfaßt, denn heute ist die Welt der Form nach enorm mannigfaltig, und sie entwickelt und entfaltet sich immer weiter. So muß sich die von ihm beschriebene Erleuchtung in gewissem Sinne in der Welt der Form, die sich stĂ€ndig verĂ€ndert, widerspiegeln. Es geht also darum, beides in einem integralen Bewusstsein zu vereinen und auch systematisch zu verkörpern.

Ein interessanter neuer Aspekt ist der Beziehungsraster zwischen evolutionĂ€rem geistesgeschichtlichem und spirituellem Bewusstsein. Die Erleuchtung ist ein mehrphasiger Prozeß, der je nach Entwicklungsstufe des Einzelnen differenziert ist. D i e Erleuchtung als solche gibt es also nicht, ebensowenig wie d e n Weg als solchen. Auch der Erleuchtete muß sich noch weiterentwickeln, z.B. horizontal (Einswerden mit allen ZustĂ€nden), wie vertikal (Einswerden mit allen Stufen). Damit bietet das Buch Wilbers interessante Definition der Erleuchtung als „Verwirklichung des Einsseins mit allen Hauptstufen und Hauptstrukturen (
)“ dar. (337) Durch den integralen Ansatz bekommt auch Gott eine umfassende zeitlich evolutionĂ€re Gestalt. Der Autor zeigt, daß Einheit und DualitĂ€t unlösbar miteinander verbunden sind. Im 10. Kapitel schlĂ€gt er eine BrĂŒcke zur Praxis. Er schreibt ĂŒber die integrale Lebenspraxis jedes Einzelnen, welche die Ethik, Sex, Arbeit, Emotionen und Beziehungen umfaßt. (281)

Ken Wilber als bedeutender Vertreter der Integralen Philosophie und SpiritualitĂ€t bearbeitet hier also Geistes- und Naturwissenschaften ebenso wie die Psychologie und das universelle Wissen der Ă€lteren Weisheitslehren. Das Buch ist Ergebnis seines in den letzten Jahren entwickelten integralen Modells, mit dessen Hilfe sich das ewig gĂŒltige Wissen, auch philsophia perennis genannt, auf alle Lebensbereiche anwenden lĂ€ĂŸt. Inmitten einer spezialistisch aufgesplitterten Philosophie- und Psychologieszene hat er auch hier wieder das Verdienst, das Ganze zu betrachten und konsequent zu denken. Er schließt damit von empirischen Forschungsergebnissen und einer New-Age-MentalitĂ€t her an die Tradition der philosophia perennis an und geht mit seinem „integralen“ Denken ĂŒber bisherige Grenzziehungen hinaus. Freilich ist eine solche Re-Integration ein anspruchsvolles Vorhaben. Und so bleiben einige Unstimmigkeiten beim Leser bestehen, auf die bisher trefflich der Sozialphilosoph Johannes Heinrichs hinwies und deren hier eine wesentliche benannt werden muß. (Johannes Heinrichs, Im Dialog ĂŒber die Seele. Transpersonale Psychologie und christlicher Glaube, hrsg. von Michael Utsch/Johannes Fischer, LIT Verlag, MĂŒnster 2003, 77-112)

Wenn Wilber behauptet, daß das „Ich“ oder das „Selbst“ ĂŒberhaupt eine bloße Objektivierung sei oder das „Selbst zum Objekt in meinem Bewußtsein“ (180) werden könne, geht er nicht nur an der Einsicht des Augustinus und des Thomas von Aquin („reditio completa in seipsum“ - vollstĂ€ndige RĂŒckkehr in sich selbst) vorbei, sondern auch an der systembildenden Grundeinsicht des traditionellen und von ihm geschĂ€tzten deutschen Idealismus, den er doch mit Hegel wĂŒrdigt. (299) Das „Ich“ ist vielmehr ein Vollzug, ein Tun, das ein Auge in sich birgt; es ist das Auge, das sich selbst sieht. Eben an dieser selbstbezĂŒglichen (reflexiven) Einheit von Erkanntem und Erkennendem zerschellt der zweiwertige Dualismus von Subjekt und Objekt, dessen VersatzstĂŒcke Wilber auch im vorliegenden Buch noch vertritt. Reflexion – so auch Johannes Heinrichs - ist eben nicht bloß nachtrĂ€glich-objektivierende („nach-denkende“), sondern eine vorgĂ€ngig gelebte, innere Reflexion. Und diese Reflexion ist konstitutiv fĂŒr das Selbst oder die Person. Hier zeigt sich, daß Wilber sich nicht ausschließlich der Illusion hingeben sollte, alleiniger Apostel des „integralen“ Denkens zu sein. Er steht auch neben Heinrichs und den berĂŒhmten Theosophen (H. P. Blavatsky, A. Bailey u.a.) , die punktuell und in gewissen Bereichen ungleich weiter und tiefer gehen als Wilber. Wilber selbst bleibt manchmal trotz seines beanspruchten Integralismus in gelegentlichen AusfĂŒhrungen ĂŒber die politischen Richtungen wie Liberalismus oder Konservatismus (bzw. Kommunitarismus) und seine entsprechenden Syntheseversuche immer noch einem ĂŒberholten Links-Rechts-Schema verhaftet.

Dennoch ist das vorliegende Buch fĂŒr Einsteiger in sein Werk und Kenner seines Denkens sehr begrĂŒĂŸenswert. Es zeigt die Komponenten der integralen Lebenspraxis (Körper, Verstand und Geist) auf (277) und plĂ€diert fĂŒr den Wechsel von der alten Metaphysik hin zu „Integraler Post-Metaphysik“ (363). Seine ErklĂ€rung: Die Moderne reduzierte die Ebenen des Selbst (Körper, Verstand, Seele, Geist) auf die unterste Ebene – die des Körpers oder auf rein physische RealitĂ€ten. Die Lösung liege also in der Reaktivierung der Ă€lteren Weisheitstraditionen. (365) Dabei betont er gerade, daß die objektiven Ebenen der RealitĂ€t vom erkennenden Subjekt mit erschaffen werden, wobei wir unsere Zweifel an seiner These, daß das „Ich“ selbst eine bloße Objektivierung sei, bereits anbrachten. Alle Ebenen der RealitĂ€t jedenfalls sind in Wilbers Post-Metaphysik mit den Ebenen des Selbst verbunden. In der alten metaphysischen Tradition hingegen befand sich der Betrachter oftmals an einer von allem entkoppelten Stelle oder Ebene. Seine neue Post-Metaphysik „ersetzt Wahrnehmung durch Perspektiven und definiert (
) das manifeste Reich neu als Reich der Perspektiven.“ (68)

Mit diesem Buch hat Wilber – freilich nur in seinem eigenen Referenzrahmen - sein Ziel erreicht, die SpiritualitĂ€t von einer metaphysischen Betrachtung zu lösen und sie zu einer integralen Erkenntnistheorie zu wandeln. FĂŒr alle an wirklicher SpiritualitĂ€t Interessierten sowie fĂŒr fortschrittliche uns selbstĂ€ndige Philosophen in Beruf, Alltag und UniversitĂ€t ist es deshalb ein Muß. Der vom Autor proklamierte Beginn eines postmetaphysischen Zeitalters als integrales Zeitalter (368) ist in jedem Fall des ErwĂ€gens und einer LektĂŒre wert, denn betroffen kann jeder Einzelne, wenn er selbst denkt, sein. „Der neue Mensch ist integral und das gilt auch fĂŒr seine SpiritualitĂ€t." (Wilber)

geschrieben am 08.01.2008 | 1191 Wörter | 7652 Zeichen

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