ISBN | 3871347108 | |
Autor | Wolfgang Herrndorf | |
Verlag | Rowohlt | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 256 | |
Erscheinungsjahr | 2010 | |
Extras | - |
Man könnte Vergleiche zu den großen Abenteuern von Tom Sawyer und Huckleberry Finn ziehen oder das Buch für ein jugendliches Roadmovie in Ostdeutschland halten, aber man kann es auch ganz simpel betrachten: zwei jugendliche Außenseiter fahren ein paar Tage mit einem geklauten Lada von Berlin aus ohne Ziel durch die Gegend und erleben so einen aufregenden und unvergleichlichen Sommer.
Die Protagonisten, Maik und Tschick, der eigentlich Andrej heißt, aus Russland kommt und neu in Maiks Klasse eingeschult wurde, stehen abseits ihres Klassenverbandes und werden nicht auf eine große Geburtstagsfeier eingeladen. Tschick hilft Maik zunächst, seinen Frust darüber zu überwinden, immerhin ist Maik in die Gastgeberin verliebt, und danach beschließen die beiden, zu ihrer Sommertour in die Walachei aufzubrechen - ohne zu wissen, wo die sich befindet und ohne mehr als eine Straßenkarte von Berlin dabei zu haben. Maik, um endlich einmal nicht langweilig zu sein, und Tschick, weil er ohnehin Lust dazu hat. Wo die beiden im Endeffekt entlanggefahren sind, bleibt bis zum Ende des Buches offen, ist aber auch nebensächlich. Das gemeinsame Abenteuer, die zum Teil absurden Erlebnisse und die Begleitumstände eines unbeschwerten Sommers machen das Buch zu einem spannenden und auch schönen Leseerlebnis, selbst wenn man das Buch gut und gerne für Jugendliteratur halten dürfte. Aber Harry Potter haben ja auch mehr Erwachsene als Kinder gelesen. Man erfährt etliches über Maik und seinen verwahrlosten familiären Hintergrund, leider zu wenig über Tschick, und insbesondere das offene Ende mit der Trennung der beiden lässt einen fast ein wenig traurig zurück. Dafür ist das voraussichtliche Wiedersehen von Maik mit einer unterwegs aufgegabelten Bekanntschaft ein tröstlicher Ausgleich. Die kurzen Kapitel und die schnörkellose Sprache halten den Leser stets aufmerksam und die vielen amüsanten Vorkommnisse sorgen für viele Lacher zwischendurch. Dies geht von Erkenntnissen über Hochsprunglegastheniker, Tarnversuche mit Isolierklebeband im Gesicht (sieht nach Hitler aus, aber egal: man ist ja in Brandenburg) bis zur Beschreibung wie die beiden zur Musik von Richard Clayderman mit dem geklauten Lada durch ein Weizenfeld fahren und versuchen, Buchstaben ins Feld zu formen. Generell wundert man sich bisweilen, welche Straßen und Wege so ein Lada angeblich bewältigen soll, aber gut: das ist die Freiheit des Autors. Das Treffen auf eine Gruppe Rad fahrenden Jungadels ist ebenso komisch wie der Anruf bei einer vermeintlichen Tante um 4 Uhr morgens, wenn sich der zufällig Angerufene der fast ausweglosen Situation der beiden geistesgegenwärtig annimmt und sie so vor der Mitteilung an die Polizei rettet. Die Reise endet, das wurde anfangs bereits vorweggenommen, durch einen Zusammenstoß mit einem ausländischen Schweinetransport und man hätte sich eigentlich gerne noch hunderte Seiten länger über die Erlebnisse der Ausreißer gefreut. So aber ist es ein überschaubares Lektürevolumen geblieben, mit dem man gut einen oder zwei Abende bestens unterhalten wird, und das Buch bewahrt man garantiert für die eigenen Kinder auf.
geschrieben am 18.02.2011 | 463 Wörter | 2706 Zeichen
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