ISBN | 3839811112 | |
Autoren | Herman Koch , Johannes Steck | |
Verlag | Argon | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | - | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Extras | - |
Der erste Blick bei einem Hörbuch fĂ€llt neben der Inhaltsbeschreibung auf den Sprecher bzw. Vorleser und das wĂ€re fĂŒr mich fast ein Grund gewesen, dieses Hörbuch nicht zu kaufen. Denn seit ich die Simon-Beckett-Trilogie ĂŒber den Rechtsmediziner David Hunter gehört habe, habe ich nicht mehr allzuviel fĂŒr Johannes Stecks Stimme ĂŒbrig, schlicht weil ich ihn bei Frauenstimmen furchtbar finde und er manchem mĂ€nnlichen Charakter etwas Winseliges mitgibt, das man bei einer BuchlektĂŒre so nie im Kopf produzieren wĂŒrde. Anfangs schien sich meine BefĂŒrchtung zu bestĂ€tigen, denn auch in diesem Hörbuch kommen etliche Frauenrollen vor, aber siehe da: die hier gelesenen MĂ€nnerstimmen, v.a. der Schauspieler Ralph Meier und der Regisseur Stanley werden hervorragend interpretiert. Gerade der dröhnende Bass von Meier kommt ganz wunderbar zur Geltung und macht die Figur richtig plastisch und man wĂŒrde sich wĂŒnschen, dass Steck dieses Repertoire auch bei zĂ€rteren Stimmen ausfahren wĂŒrde. Aber auch der Protagonist kommt stimmlich ganz gut weg, der Amsterdamer Hausarzt Marc Schlosser, der mit der Welt im Unreinen ist und Verzagtheit, Ekel und eigene LĂŒste immer wieder als Stimmungen in seine Ăberlegungen einflieĂen lĂ€sst. All diese emotionalen AuswĂŒchse kommen in der Sprachversion des Buches gut zur Geltung, sodass ich schon einmal fĂŒr die Lesung eine klare Empfehlung aussprechen mag.
Das Buch selbst gehört nicht zu den spannendsten Krimis der jĂŒngeren Zeit, aber es hat einige interessante Wendungen und mit Marc Schlosser einen geradezu tragischen Helden. Dieser fĂŒhrt eine kleine Hausarztpraxis und verachtet einen GroĂteil seiner Patienten. Eines Tages erscheint Ralph Meier in seiner Praxis, weil er gehört hat, dass Schlosser ohne viel Aufhebens Amphetamine verschreibt. SpĂ€ter nimmt Schlosser eine Premiereneinladung an, auf welcher er ein Auge auf Meiers Frau Judith wirft und Meier sich sehr angetan von Schlossers Frau Caroline zeigt. Obwohl die Schlossers eigentlich ĂŒbereinkommen, den Kontakt zu den Meiers nicht zu intensivieren, organisiert Marc sogar den Familienurlaub so, dass man in der NĂ€he von Meiers Ferienhaus einen Campingplatz bezieht, die Meiers dann âzufĂ€lligâ am örtlichen Strand trifft und danach zu diesen ins Sommerhaus zieht, wo sich Schlossers Töchter und Meiers Söhne sehr gut verstehen. Dramatisch wird die Geschichte dann ab der Sommernachtsfeier am Strand, wo die Herren alkoholisiert und ausgelassen allerlei Unfug anstellen und Marc erst spĂ€t bemerkt, dass er seine Ă€ltere Tochter einmal suchen sollte. Als er sich endlich auf den Weg zu einer weiter weg gelegenen Strandbar macht, trifft er auf den allein zurĂŒcklaufenden Ă€lteren Sohn Meiers, bei dem er die Tochter wĂ€hnte. Er eilt zu der Strandbar und findet seine Tochter am Ende am Strand liegend, wo es den Anschein hat, dass sie vergewaltigt wurde. Sie kann sich an nichts erinnern, VerdĂ€chtigungen greifen Platz, die Spannung beginnen zu steigen und die Konfrontation der einzelnen MĂ€nner mit dem Vergewaltigungsvorwurf sowie der Versuch der Rekonstruktion der Geschehnisse anhand der Urlaubsbilder bringen Marc auf eine FĂ€hrte, die jedoch am Ende völlig anders aufgelöst wird, als man es vermutet hĂ€tte. Doch da hat Marc den vermeintlichen Vergewaltiger bereits tödlich âbehandeltâ. Am Ende muss sich dann der Leser ĂŒber viele offene Fragen klar werden, z.B. ĂŒber die Frage nach einem gerechten Mord, die Frage ob die Wahrheit immer weiterhilft oder die Frage wie moralisch jemand selbst sein muss, um die Moral fĂŒr sich streiten lassen zu dĂŒrfen.
Insgesamt kann man das Buch also durchaus empfehlen, stimmlich wie inhaltlich. Einige Passagen haben LĂ€ngen und man könnte durchaus einige Details besser ausarbeiten, und die konsequente ErzĂ€hlung aus der Sicht von Marc Schlosser erlaubt dem Leser eben auch nur die schrittweise Erlangung von weiteren Kenntnissen, gerade so wie Marc seine SchlĂŒsse zieht. Spannend, aber eben auch bisweilen eine Geduldsprobe.
geschrieben am 05.12.2012 | 593 Wörter | 3430 Zeichen
Kommentare zur Rezension (0)
Platz für Anregungen und Ergänzungen