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Montecristo Audio CD


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Informationen zum Buch
  ISBN
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  Seiten
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  Extras

Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Montecristo Audio CD Es hat lange gedauert, aber nun habe ich doch zum ersten Mal einen Roman von Martin Suter in Angriff genommen. Das Werk Montecristo, das sowohl als gedruckter Roman als auch als Hörbuch vorliegt, hat mich sprachlich und technisch überzeugt, aber das Ende hat mir nicht gefallen, zu den Details nun im Folgenden. Die Umsetzung des Werks als Audiobook mit dem Sprecher Wanja Mues ist sehr gut gelungen. Mues ist ja durch zahlreiche Krimis und Fernsehfilme bekannt und kann so die besondere Spannung zahlreicher Szenen geschickt vertiefen und ausleuchten. Zum Glück gibt es nur zwei weibliche Sprechrollen, die Mues aber gut abfängt. Die verschiedenen männlichen Charaktere bedient er stimmlich exzellent. Der Titel des Buches bedient gleich zwei Assoziationen, einmal zum Werk von Alexandre Dumas als Sinnbild des Verrats, einmal zur Zigarrenmarke, letztere als typisches und überhebliches Erkennungszeichen der selbstvergessenen Finanzbranche. Auch sonst ist das Buch mit einigen literarischen Anspielungen, filmischen Andeutungen und künstlerischen Verneigungen angereichert, die aber eher in eine Feuilletondiskussion der großen Tageszeitungen passen und hier deshalb außen vor bleiben. Protagonist des Romans ist der Videojournalist Jonas Brand, der sich seine Brötchen im Boulevardjournalismus verdient, sich aber eigentlich zu Höherem berufen fühlt - ein durchaus angreifbarer Zynismus, den seine spätere neue Lebensgefährtin Marina zielsicher aufdeckt. Jonas hat aber seit langem ein Filmprojekt in der Schublade, „Montecristo“, dessen Realisierung aber bisher an mangelnder Finanzierung scheiterte. Durch Zufall wird Jonas nun zum einen Zeuge eines so genannten Personenschadens bei einer Zugfahrt. Später stellt sich heraus, dass es sich bei dem Toten um den Trader Paolo Contini handelte. Außerdem hält er auf einmal in seiner Wohnung zwei absolut identische Geldscheine in der Hand, also mit gleicher Seriennummer. Der Sache mit den Geldscheinen geht er nach und ab dann überschlagen sich die Ereignisse. Jonas widerfahren verschiedenste Dinge, positive wie negative, und dank der Recherchen und des Wissens seines alten Bekannten Max, einem versierten Wirtschaftsjournalisten, kommt er langsam zu der Erkenntnis, dass die Banknoten und der Personenschaden zusammenhängen könnten. Als deus ex machina kommt dann aber just zu Weihnachten die Nachricht, dass nun doch Geldmittel für den Film bewilligt worden seien - und Jonas kann sich leichten Herzens in seinen lang gehegten Traum stürzen. Doch schon bei der ersten, rasch anberaumten Recherchereise nach Thailand wird Jonas vom Regisseur zum unfreiwilligen Hauptdarsteller. Dieser Clou ist spannend, wenngleich Jonas aus seiner Falle etwas zu einfach wieder hinauskommt. Zurück in der Schweiz muss er sich dann entscheiden: Film oder Aufklärer? Doch es wäre kein Roman von Suter, wenn die getroffene Entscheidung nicht wieder neue Komplikationen aufwerfen würde. Ein Toter kommt hinzu und es läuft auf einen Showdown hinaus. Für den Leser werden dann alle Zusammenhänge aufgedeckt und man wird mitten in die erbarmungslosen Bedürfnisse des globalen Finanzmarkts geworfen, die nicht nur Jonas, sondern alle Beteiligten letzten Endes überfordern. Jonas muss dann entdecken, wer im Gegensatz zu ihm alles von der Sache wusste, und fühlt sich zu Recht verraten und auch verkauft. Hier hätte Suter ein ganz starkes offenes Ende setzen können, aber er macht noch einen Schwenk zum Guten. Dies ist einfach zu viel und reduziert meine persönliche Sympathie für den Roman drastisch. Zum anderen ist mir die Lösung des Showdowns viel zu simpel gestrickt: wenn das alles wirklich so einfach gewesen wäre, hätte es zuvor keine Morde und sonstigen Verbrechen gebraucht. Das ist also ein weiterer Schwachpunkt des Romans, der hier aber natürlich nicht im Detail verraten werden kann. Positiv hervorzuheben ist aber in jedem Fall, dass es sich nicht um einen Schlüsselroman handelt, sondern um einen sehr gut recherchierten und dann in seiner Darstellung konsequent mit den Realität korrelierenden (Wirtschafts-)Kriminalroman im sehr speziellen Bankenmilieu, das in der kleinen Schweiz noch einen Tick spezieller als anderenorts funktioniert. Die Charaktere sind wunderbar pointiert getroffen, ohne übertrieben zu wirken, und auch die internen Macht- und Ränkespiele kommen in den Dialogen gut zur Geltung, ebenso die wechselseitigen Abhängigkeiten und Verstrickungen. Kuriositäten wie den gesundheitsbewussten Auftragskiller bringt Suter en passant unter, ein dezentes Zeichen seiner schriftstellerischen Klasse. Auch die vielen Metathemen, die im Roman angeschnitten werden, sind überzeugend. Etwa das Problem, des nicht benannten Verbrechens: existiert es dann überhaupt? Wann schadet Wahrheit mehr als dass sie nützt? Wieviel Lokalkolorit verträgt das globale Finanzbusiness überhaupt? Und wieviel Seele verträgt sich mit beruflicher Professionalität? Passend ist auch am Ende die für Jonas qualvolle Entscheidung über seine Beziehung zu Marina, die gerade dem vermeintlichen Happy End zuwiderläuft. Bei der Gesamtbewertung vergebe ich trotz meiner - mglw. subjektiv gefärbten - Kritikpunkte die volle Punktzahl, denn man kann dem Roman ohne Zögern attestieren, dass er sehr gut geschrieben ist und alle Grundlagen für gute Unterhaltung bietet.

Es hat lange gedauert, aber nun habe ich doch zum ersten Mal einen Roman von Martin Suter in Angriff genommen. Das Werk Montecristo, das sowohl als gedruckter Roman als auch als Hörbuch vorliegt, hat mich sprachlich und technisch überzeugt, aber das Ende hat mir nicht gefallen, zu den Details nun im Folgenden.

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Die Umsetzung des Werks als Audiobook mit dem Sprecher Wanja Mues ist sehr gut gelungen. Mues ist ja durch zahlreiche Krimis und Fernsehfilme bekannt und kann so die besondere Spannung zahlreicher Szenen geschickt vertiefen und ausleuchten. Zum Glück gibt es nur zwei weibliche Sprechrollen, die Mues aber gut abfängt. Die verschiedenen männlichen Charaktere bedient er stimmlich exzellent.

Der Titel des Buches bedient gleich zwei Assoziationen, einmal zum Werk von Alexandre Dumas als Sinnbild des Verrats, einmal zur Zigarrenmarke, letztere als typisches und überhebliches Erkennungszeichen der selbstvergessenen Finanzbranche. Auch sonst ist das Buch mit einigen literarischen Anspielungen, filmischen Andeutungen und künstlerischen Verneigungen angereichert, die aber eher in eine Feuilletondiskussion der großen Tageszeitungen passen und hier deshalb außen vor bleiben.

Protagonist des Romans ist der Videojournalist Jonas Brand, der sich seine Brötchen im Boulevardjournalismus verdient, sich aber eigentlich zu Höherem berufen fühlt - ein durchaus angreifbarer Zynismus, den seine spätere neue Lebensgefährtin Marina zielsicher aufdeckt. Jonas hat aber seit langem ein Filmprojekt in der Schublade, „Montecristo“, dessen Realisierung aber bisher an mangelnder Finanzierung scheiterte. Durch Zufall wird Jonas nun zum einen Zeuge eines so genannten Personenschadens bei einer Zugfahrt. Später stellt sich heraus, dass es sich bei dem Toten um den Trader Paolo Contini handelte. Außerdem hält er auf einmal in seiner Wohnung zwei absolut identische Geldscheine in der Hand, also mit gleicher Seriennummer. Der Sache mit den Geldscheinen geht er nach und ab dann überschlagen sich die Ereignisse. Jonas widerfahren verschiedenste Dinge, positive wie negative, und dank der Recherchen und des Wissens seines alten Bekannten Max, einem versierten Wirtschaftsjournalisten, kommt er langsam zu der Erkenntnis, dass die Banknoten und der Personenschaden zusammenhängen könnten. Als deus ex machina kommt dann aber just zu Weihnachten die Nachricht, dass nun doch Geldmittel für den Film bewilligt worden seien - und Jonas kann sich leichten Herzens in seinen lang gehegten Traum stürzen. Doch schon bei der ersten, rasch anberaumten Recherchereise nach Thailand wird Jonas vom Regisseur zum unfreiwilligen Hauptdarsteller. Dieser Clou ist spannend, wenngleich Jonas aus seiner Falle etwas zu einfach wieder hinauskommt. Zurück in der Schweiz muss er sich dann entscheiden: Film oder Aufklärer? Doch es wäre kein Roman von Suter, wenn die getroffene Entscheidung nicht wieder neue Komplikationen aufwerfen würde. Ein Toter kommt hinzu und es läuft auf einen Showdown hinaus.

Für den Leser werden dann alle Zusammenhänge aufgedeckt und man wird mitten in die erbarmungslosen Bedürfnisse des globalen Finanzmarkts geworfen, die nicht nur Jonas, sondern alle Beteiligten letzten Endes überfordern. Jonas muss dann entdecken, wer im Gegensatz zu ihm alles von der Sache wusste, und fühlt sich zu Recht verraten und auch verkauft. Hier hätte Suter ein ganz starkes offenes Ende setzen können, aber er macht noch einen Schwenk zum Guten. Dies ist einfach zu viel und reduziert meine persönliche Sympathie für den Roman drastisch. Zum anderen ist mir die Lösung des Showdowns viel zu simpel gestrickt: wenn das alles wirklich so einfach gewesen wäre, hätte es zuvor keine Morde und sonstigen Verbrechen gebraucht. Das ist also ein weiterer Schwachpunkt des Romans, der hier aber natürlich nicht im Detail verraten werden kann.

Positiv hervorzuheben ist aber in jedem Fall, dass es sich nicht um einen Schlüsselroman handelt, sondern um einen sehr gut recherchierten und dann in seiner Darstellung konsequent mit den Realität korrelierenden (Wirtschafts-)Kriminalroman im sehr speziellen Bankenmilieu, das in der kleinen Schweiz noch einen Tick spezieller als anderenorts funktioniert. Die Charaktere sind wunderbar pointiert getroffen, ohne übertrieben zu wirken, und auch die internen Macht- und Ränkespiele kommen in den Dialogen gut zur Geltung, ebenso die wechselseitigen Abhängigkeiten und Verstrickungen. Kuriositäten wie den gesundheitsbewussten Auftragskiller bringt Suter en passant unter, ein dezentes Zeichen seiner schriftstellerischen Klasse. Auch die vielen Metathemen, die im Roman angeschnitten werden, sind überzeugend. Etwa das Problem, des nicht benannten Verbrechens: existiert es dann überhaupt? Wann schadet Wahrheit mehr als dass sie nützt? Wieviel Lokalkolorit verträgt das globale Finanzbusiness überhaupt? Und wieviel Seele verträgt sich mit beruflicher Professionalität? Passend ist auch am Ende die für Jonas qualvolle Entscheidung über seine Beziehung zu Marina, die gerade dem vermeintlichen Happy End zuwiderläuft.

Bei der Gesamtbewertung vergebe ich trotz meiner - mglw. subjektiv gefärbten - Kritikpunkte die volle Punktzahl, denn man kann dem Roman ohne Zögern attestieren, dass er sehr gut geschrieben ist und alle Grundlagen für gute Unterhaltung bietet.

geschrieben am 25.04.2015 | 756 Wörter | 4598 Zeichen

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