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Diesseits vom Paradies


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Informationen zum Buch
  ISBN
  Autor
  Verlag
  Sprache
  Seiten
  Erscheinungsjahr
  Extras

Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Diesseits vom Paradies Im Diogenes-Verlag ist ein weiteres unterhaltsames und schön gestaltetes Hörbuch erschienen. Es handelt sich um den Roman „Diesseits vom Paradies“ von F. Scott Fitzgerald, der im Jahr 1920 als sein Erstlingswerk fungierte. Fitzgerald ist berĂŒhmt fĂŒr seinen Roman „Der große Gatsby“, aber schon in seinem ersten Roman deutet er an, zu welchen sprachlichen Glanzleistungen er in der Lage sein wĂŒrde, dazu spĂ€ter mehr. Fitzgerald erzĂ€hlt die ersten etwa 25 Lebensjahre des Protagonisten Amory Blaine. Dieser hat einige Parallelen zu Fitzgeralds eigenem Leben, etwa die Zugehörigkeit zur UniversitĂ€t von Princeton oder die spĂ€tere TĂ€tigkeit in einer Werbeagentur, außerdem zahlreiche unglĂŒckliche Liebschaften bis dann die eine unverwechselbare kam. Doch anders als bei Fitzgerald wird Amory nicht das GlĂŒck diese große Liebe auch halten zu können. Amory stammt aus gutem Hause und hĂ€lt sich auch selbst fĂŒr etwas Besseres und Besonderes. Diese EinschĂ€tzung wird zunĂ€chst von seiner Mutter befeuert, die ihn vor dem Unbill der Welt fernhĂ€lt und ihn als Kind wie in goldene Watte packt. Den ersten Kontakt mit der RealitĂ€t hat Amory dann natĂŒrlich zu Schulzeiten, doch auch hier besucht er angesehene Schulen, kommt ĂŒberall trotz seiner ĂŒberheblichen Grundeinstellung durch und sieht sich als Genie, der beliebt, geachtet und berĂŒhmt sein möchte. Reich wĂ€re auch nicht schlecht, aber nachdem er von Haus aus begĂŒtert ist, ist dies nicht sein vordringliches Ziel. Nennenswerten Ehrgeiz entwickelt er nicht fĂŒr sein schulisches Vorankommen, sondern nur fĂŒr seine Stellung und seine Geltung nach außen. Dies zeigt sich nicht nur in seinen Bestrebungen, möglichst ruhmreiche Positionen im sozialen Leben an Schule, College und UniversitĂ€t zu ergattern, etwa in der Football-Mannschaft, bei der UniversitĂ€tszeitung oder in angesehenen Clubs, sondern auch bei seiner Auswahl von Damenbekanntschaften. Das EinfĂŒhren in die Gesellschaft wird von Fitzgerald wunderbar beschrieben, sowohl was den Ă€ußeren Pomp, aber auch die verstreckten Intrigen und Seilschaften angeht, die unter den jungen Leuten vorherrschen. Die Pose statt des echten GefĂŒhls ist allgegenwĂ€rtig und man akzeptiert das Posieren gegenseitig, sodass völlig klar ist, dass man nur miteinander spielt und vorerst keine ernsthaften Absichten pflegt. Doch eines Tages ist es um Amory geschehen: er trifft auf Rosalind und sie ist seine erste große Liebe. Doch wĂ€hrend er sich damit schon begnĂŒgen wĂŒrde, haben Rosalind und ihre Familie durchaus auch Amorys wirtschaftlichen Hintergrund im Blick – und der wird rapide schlechter. Am Ende entscheidet sich Rosalind dann gegen Amory, was ihn in eine tiefe Sinn- und Lebenskrise stĂŒrzt. Wie er damit umgeht, welche SchlĂŒsse er daraus zieht und welche Ziele er sich sodann setzt ist Gegenstand der Schlusskapitel, die sich vom vorherigen leichten Geplauder ĂŒber das Leben und das Heranwachsen von Amory und die Gesellschaft der damaligen Zeit deutlich absetzen, sprachlich und auch inhaltlich. Hier zeigt Fitzgerald eine zuvor nicht vermutete reflektorische Tiefe und rezipiert Gedanken und Strömungen der damaligen Zeit, lĂ€sst sie Amory vertreten und verwerfen und spiegelt so auch die großen geistigen Spannungen wieder, die Amerika nach dem ersten Weltkrieg in Atem halten. Der Roman ist beeindruckend, nicht nur weil Fitzgerald das lockere DahinplĂ€tschern von Amorys Werdegang ebenso flĂŒssig von der Hand geht wie die nachfolgenden schwerwiegenden Themen, sondern weil die Sprachgewandtheit und die erzĂ€hlerische Vielfalt so reizvoll sind. Es gibt hinreißende, spannungsgeladene Dialoge, in denen sich die Teilnehmer wie mit dem Florett mit Worten duellieren. Es gibt tragische, melancholische Szenen und Monologe, das Sinnieren ĂŒber das Jetzt und SpĂ€ter, in die man sich mĂŒhelos hineinversetzen kann. Und dazu erhĂ€lt man wie ein sprachliches Fotoalbum der damaligen Zeit. Das alles kommt nicht nur im gedruckten Werk, sondern auch in der Umsetzung als Hörbuch wunderbar beim Leser an. NatĂŒrlich ist es schwierig, die collagenhafte Zusammensetzung des Romans in einem Audio-Book einzufangen, aber auf den sieben CDs der gekĂŒrzten Lesefassung gelingt dies problemlos, abgesehen von der Schwierigkeit fĂŒr den Zuhörer, sich alle Namen der Personen zu merken, die Amory im Lauf des Buches begegnen. Gesprochen wird das Hörbuch von Burghart Klaußner, der auch als Schauspieler eine bemerkenswerte sprachliche PrĂ€senz hat, im Film und auf der BĂŒhne. Das Einzige, das mir an dem Hörbuch missfĂ€llt ist, dass Klaußner bisweilen den Figuren keine konstante Stimmlage mitgibt. Nur wenige Figuren, etwa der bedauernswerte Mr. Gillespie, haben eine konstante Stimmlage abbekommen, aber selbst Amory ist manchmal in aufeinander folgenden Dialogen mit verschiedenen Stimmlagen reprĂ€sentiert. Das ist aber nur eine Feinheit, die den positiven Gesamteindruck nicht trĂŒbt. BeigefĂŒgt ist dem CD-Karton ein ausfĂŒhrliches Booklet mit einem Beitrag zur Entstehung und zur Wirkung des Romans.

Im Diogenes-Verlag ist ein weiteres unterhaltsames und schön gestaltetes Hörbuch erschienen. Es handelt sich um den Roman „Diesseits vom Paradies“ von F. Scott Fitzgerald, der im Jahr 1920 als sein Erstlingswerk fungierte. Fitzgerald ist berĂŒhmt fĂŒr seinen Roman „Der große Gatsby“, aber schon in seinem ersten Roman deutet er an, zu welchen sprachlichen Glanzleistungen er in der Lage sein wĂŒrde, dazu spĂ€ter mehr. Fitzgerald erzĂ€hlt die ersten etwa 25 Lebensjahre des Protagonisten Amory Blaine. Dieser hat einige Parallelen zu Fitzgeralds eigenem Leben, etwa die Zugehörigkeit zur UniversitĂ€t von Princeton oder die spĂ€tere TĂ€tigkeit in einer Werbeagentur, außerdem zahlreiche unglĂŒckliche Liebschaften bis dann die eine unverwechselbare kam. Doch anders als bei Fitzgerald wird Amory nicht das GlĂŒck diese große Liebe auch halten zu können.

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Amory stammt aus gutem Hause und hĂ€lt sich auch selbst fĂŒr etwas Besseres und Besonderes. Diese EinschĂ€tzung wird zunĂ€chst von seiner Mutter befeuert, die ihn vor dem Unbill der Welt fernhĂ€lt und ihn als Kind wie in goldene Watte packt. Den ersten Kontakt mit der RealitĂ€t hat Amory dann natĂŒrlich zu Schulzeiten, doch auch hier besucht er angesehene Schulen, kommt ĂŒberall trotz seiner ĂŒberheblichen Grundeinstellung durch und sieht sich als Genie, der beliebt, geachtet und berĂŒhmt sein möchte. Reich wĂ€re auch nicht schlecht, aber nachdem er von Haus aus begĂŒtert ist, ist dies nicht sein vordringliches Ziel. Nennenswerten Ehrgeiz entwickelt er nicht fĂŒr sein schulisches Vorankommen, sondern nur fĂŒr seine Stellung und seine Geltung nach außen. Dies zeigt sich nicht nur in seinen Bestrebungen, möglichst ruhmreiche Positionen im sozialen Leben an Schule, College und UniversitĂ€t zu ergattern, etwa in der Football-Mannschaft, bei der UniversitĂ€tszeitung oder in angesehenen Clubs, sondern auch bei seiner Auswahl von Damenbekanntschaften. Das EinfĂŒhren in die Gesellschaft wird von Fitzgerald wunderbar beschrieben, sowohl was den Ă€ußeren Pomp, aber auch die verstreckten Intrigen und Seilschaften angeht, die unter den jungen Leuten vorherrschen. Die Pose statt des echten GefĂŒhls ist allgegenwĂ€rtig und man akzeptiert das Posieren gegenseitig, sodass völlig klar ist, dass man nur miteinander spielt und vorerst keine ernsthaften Absichten pflegt. Doch eines Tages ist es um Amory geschehen: er trifft auf Rosalind und sie ist seine erste große Liebe. Doch wĂ€hrend er sich damit schon begnĂŒgen wĂŒrde, haben Rosalind und ihre Familie durchaus auch Amorys wirtschaftlichen Hintergrund im Blick – und der wird rapide schlechter. Am Ende entscheidet sich Rosalind dann gegen Amory, was ihn in eine tiefe Sinn- und Lebenskrise stĂŒrzt. Wie er damit umgeht, welche SchlĂŒsse er daraus zieht und welche Ziele er sich sodann setzt ist Gegenstand der Schlusskapitel, die sich vom vorherigen leichten Geplauder ĂŒber das Leben und das Heranwachsen von Amory und die Gesellschaft der damaligen Zeit deutlich absetzen, sprachlich und auch inhaltlich. Hier zeigt Fitzgerald eine zuvor nicht vermutete reflektorische Tiefe und rezipiert Gedanken und Strömungen der damaligen Zeit, lĂ€sst sie Amory vertreten und verwerfen und spiegelt so auch die großen geistigen Spannungen wieder, die Amerika nach dem ersten Weltkrieg in Atem halten.

Der Roman ist beeindruckend, nicht nur weil Fitzgerald das lockere DahinplĂ€tschern von Amorys Werdegang ebenso flĂŒssig von der Hand geht wie die nachfolgenden schwerwiegenden Themen, sondern weil die Sprachgewandtheit und die erzĂ€hlerische Vielfalt so reizvoll sind. Es gibt hinreißende, spannungsgeladene Dialoge, in denen sich die Teilnehmer wie mit dem Florett mit Worten duellieren. Es gibt tragische, melancholische Szenen und Monologe, das Sinnieren ĂŒber das Jetzt und SpĂ€ter, in die man sich mĂŒhelos hineinversetzen kann. Und dazu erhĂ€lt man wie ein sprachliches Fotoalbum der damaligen Zeit.

Das alles kommt nicht nur im gedruckten Werk, sondern auch in der Umsetzung als Hörbuch wunderbar beim Leser an. NatĂŒrlich ist es schwierig, die collagenhafte Zusammensetzung des Romans in einem Audio-Book einzufangen, aber auf den sieben CDs der gekĂŒrzten Lesefassung gelingt dies problemlos, abgesehen von der Schwierigkeit fĂŒr den Zuhörer, sich alle Namen der Personen zu merken, die Amory im Lauf des Buches begegnen. Gesprochen wird das Hörbuch von Burghart Klaußner, der auch als Schauspieler eine bemerkenswerte sprachliche PrĂ€senz hat, im Film und auf der BĂŒhne. Das Einzige, das mir an dem Hörbuch missfĂ€llt ist, dass Klaußner bisweilen den Figuren keine konstante Stimmlage mitgibt. Nur wenige Figuren, etwa der bedauernswerte Mr. Gillespie, haben eine konstante Stimmlage abbekommen, aber selbst Amory ist manchmal in aufeinander folgenden Dialogen mit verschiedenen Stimmlagen reprĂ€sentiert. Das ist aber nur eine Feinheit, die den positiven Gesamteindruck nicht trĂŒbt. BeigefĂŒgt ist dem CD-Karton ein ausfĂŒhrliches Booklet mit einem Beitrag zur Entstehung und zur Wirkung des Romans.

geschrieben am 25.05.2015 | 729 Wörter | 4326 Zeichen

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