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Diesseits des Van-Allen-Gürtels


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  Extras

Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Diesseits des Van-Allen-GĂŒrtels Insgesamt sechs kurze und im Ergebnis auch kurzweilige Geschichten erwarten den Leser in Herrndorfs zweitem Buch, das zwischen den Romanen „In PlĂŒschgewittern“ und „Tschick“ erschienen ist. WĂ€hnt man sich nach den ersten beiden Episoden des Buches noch auf dem Weg in eine milde SurrealitĂ€t, also weit geringer als etwa bei Glavinic, wird dieser Eindruck durch die restlichen vier Geschichten leider nicht aufrecht erhalten. Im Einzelnen: „Der Weg des Soldaten“ leitet das Buch ein und fĂŒhrt den Leser in die teilweise kaum fassbare Welt eines Kunststudenten, mutmaßlich ein alter Ego des Autors selbst, und dessen Bekannten sowie den gemeinsamen Unternehmungen. Dabei fĂŒgen sich eine Dreiecksbeziehung, ein chaotischer Italienausflug und ein verschluckter Zinnsoldaten, aber auch die nachvollziehbare Desillusion ĂŒber den Ausbildungsbetrieb zu einem stimmigen Gesamtbild, bei dem man denkt: kann passieren, aber lieber nicht mir. Recht abrupt handelt die zweite Geschichte „Blume von Tsingtao“ dann von einem Krankenpfleger auf der Flucht durch Asien, der in Berlin einige Patienten mit Morphium von ihren Leiden erlöst haben will und vom letzten eine riesige Geldsumme ĂŒbergeben bekommen hat, versteckt im doppelten Boden eines Döschens. Letzteres ist ebenso schwer zu glauben wie die Reise selbst durch das nicht gerade als Mekka fĂŒr Individualtouristen bekannte China samt Malariaerkrankung und anschließender Überfahrt nach Japan auf einem Fischkutter. Aber man hatte ja ohnehin von der ersten Geschichte den Eindruck einer unterhaltsamen, jedoch leicht surrealen ErzĂ€hlweise des Autors, sodass kein innerer Widerspruch zu entstehen droht. Die dritte Geschichte „Im Oderbruch“ beschreibt dann, mit ebenso wie zuvor krassem Szenenwechsel, das Opfer eines Autodiebstahls mitten im Brandenburger Ödland, der in einem einsamen Haus bei einem undurchschaubaren MĂ€dchen auf das Eintreffen der Polizei wartet, aber noch vor Eintreffen derselben das Haus wieder verlĂ€sst. Auch diese Beschreibungen lassen des Öfteren die Augenbrauen nach oben wandern ob der SkurrilitĂ€t, aber es gibt immer wieder Momente der herzlichen Lachens fĂŒr den Leser. Das kann man dann fĂŒr die vierte Geschichte, „Herrlich, diese Übersicht“, nicht mehr behaupten, wo eine Party des Berliner Kreativvolks unter die Lupe genommen wird, zu der der Autor offenbar zĂ€hlte oder noch zĂ€hlt. Die angerissenen Einzelschicksale und die Einzelszenen sind zwar phasenweise ergreifend, anregend oder amĂŒsant, aber diese und auch die letzte Geschichte „Zentrale Intelligenz Agentur“ sind allenfalls dokumentative Momentaufnahmen, die fĂŒr Leser außerhalb solcher kreativer großstĂ€dtischer Berufsgruppen wenig attraktiv sind. Immerhin werden VerknĂŒpfungen zwischen den Geschichten deutlich, dass nĂ€mlich der Protagonist in Geschichte drei der geschiedene Ehemann der Gastgeberin in Geschichte vier ist, deren Freund dann Geschichte Nummer fĂŒnf prĂ€gt und der Pfleger in Geschichte Nummer zwei der Bruder der Ich-ErzĂ€hlerin in der letzten Geschichte zu sein scheint. Das ist aber leider wiederum nur StĂŒckwerk und ein Nexus ist nicht in Sicht. Aus dieser Gemengelage hĂ€tte man gut und gerne einen Roman erstellen können, anstatt die Momentaufnahmen in der Luft hĂ€ngen zu lassen. Die fĂŒnfte und titelgebende ErzĂ€hlung „Diesseits des Van-Allen-GĂŒrtels“ relativiert den etwas faden Eindruck dann doch noch und das Einfangen der grotesken Situation zwischen antriebslosem Protagonisten und seinem minderjĂ€hrigen GesprĂ€chspartner ist gerade durch die Dialoge schön gelungen. Aus den sechs Geschichten blitzt das erzĂ€hlerische Talent des Autors Herrndorf und dessen GespĂŒr fĂŒr GesprĂ€ch, Humor und Situation immer wieder hervor, was sich auch in seinem aktuellen Roman „Tschick“ manifestiert hat. Die hier zusammengestellten Texte leiden aber - fĂŒr mein Empfinden - an einer fehlenden Ausgewogenheit und KonnexitĂ€t untereinander, sodass sich Höhepunkte und manch schwache Phase abwechseln. Trotzdem gefĂ€llt mir der Stil des Autors insgesamt sehr, sodass ich das Buch guten Gewissens fĂŒr eine LektĂŒre zwischendurch empfehlen kann.

Insgesamt sechs kurze und im Ergebnis auch kurzweilige Geschichten erwarten den Leser in Herrndorfs zweitem Buch, das zwischen den Romanen „In PlĂŒschgewittern“ und „Tschick“ erschienen ist.

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WĂ€hnt man sich nach den ersten beiden Episoden des Buches noch auf dem Weg in eine milde SurrealitĂ€t, also weit geringer als etwa bei Glavinic, wird dieser Eindruck durch die restlichen vier Geschichten leider nicht aufrecht erhalten. Im Einzelnen: „Der Weg des Soldaten“ leitet das Buch ein und fĂŒhrt den Leser in die teilweise kaum fassbare Welt eines Kunststudenten, mutmaßlich ein alter Ego des Autors selbst, und dessen Bekannten sowie den gemeinsamen Unternehmungen. Dabei fĂŒgen sich eine Dreiecksbeziehung, ein chaotischer Italienausflug und ein verschluckter Zinnsoldaten, aber auch die nachvollziehbare Desillusion ĂŒber den Ausbildungsbetrieb zu einem stimmigen Gesamtbild, bei dem man denkt: kann passieren, aber lieber nicht mir. Recht abrupt handelt die zweite Geschichte „Blume von Tsingtao“ dann von einem Krankenpfleger auf der Flucht durch Asien, der in Berlin einige Patienten mit Morphium von ihren Leiden erlöst haben will und vom letzten eine riesige Geldsumme ĂŒbergeben bekommen hat, versteckt im doppelten Boden eines Döschens. Letzteres ist ebenso schwer zu glauben wie die Reise selbst durch das nicht gerade als Mekka fĂŒr Individualtouristen bekannte China samt Malariaerkrankung und anschließender Überfahrt nach Japan auf einem Fischkutter. Aber man hatte ja ohnehin von der ersten Geschichte den Eindruck einer unterhaltsamen, jedoch leicht surrealen ErzĂ€hlweise des Autors, sodass kein innerer Widerspruch zu entstehen droht. Die dritte Geschichte „Im Oderbruch“ beschreibt dann, mit ebenso wie zuvor krassem Szenenwechsel, das Opfer eines Autodiebstahls mitten im Brandenburger Ödland, der in einem einsamen Haus bei einem undurchschaubaren MĂ€dchen auf das Eintreffen der Polizei wartet, aber noch vor Eintreffen derselben das Haus wieder verlĂ€sst. Auch diese Beschreibungen lassen des Öfteren die Augenbrauen nach oben wandern ob der SkurrilitĂ€t, aber es gibt immer wieder Momente der herzlichen Lachens fĂŒr den Leser.

Das kann man dann fĂŒr die vierte Geschichte, „Herrlich, diese Übersicht“, nicht mehr behaupten, wo eine Party des Berliner Kreativvolks unter die Lupe genommen wird, zu der der Autor offenbar zĂ€hlte oder noch zĂ€hlt. Die angerissenen Einzelschicksale und die Einzelszenen sind zwar phasenweise ergreifend, anregend oder amĂŒsant, aber diese und auch die letzte Geschichte „Zentrale Intelligenz Agentur“ sind allenfalls dokumentative Momentaufnahmen, die fĂŒr Leser außerhalb solcher kreativer großstĂ€dtischer Berufsgruppen wenig attraktiv sind. Immerhin werden VerknĂŒpfungen zwischen den Geschichten deutlich, dass nĂ€mlich der Protagonist in Geschichte drei der geschiedene Ehemann der Gastgeberin in Geschichte vier ist, deren Freund dann Geschichte Nummer fĂŒnf prĂ€gt und der Pfleger in Geschichte Nummer zwei der Bruder der Ich-ErzĂ€hlerin in der letzten Geschichte zu sein scheint. Das ist aber leider wiederum nur StĂŒckwerk und ein Nexus ist nicht in Sicht. Aus dieser Gemengelage hĂ€tte man gut und gerne einen Roman erstellen können, anstatt die Momentaufnahmen in der Luft hĂ€ngen zu lassen. Die fĂŒnfte und titelgebende ErzĂ€hlung „Diesseits des Van-Allen-GĂŒrtels“ relativiert den etwas faden Eindruck dann doch noch und das Einfangen der grotesken Situation zwischen antriebslosem Protagonisten und seinem minderjĂ€hrigen GesprĂ€chspartner ist gerade durch die Dialoge schön gelungen.

Aus den sechs Geschichten blitzt das erzĂ€hlerische Talent des Autors Herrndorf und dessen GespĂŒr fĂŒr GesprĂ€ch, Humor und Situation immer wieder hervor, was sich auch in seinem aktuellen Roman „Tschick“ manifestiert hat. Die hier zusammengestellten Texte leiden aber - fĂŒr mein Empfinden - an einer fehlenden Ausgewogenheit und KonnexitĂ€t untereinander, sodass sich Höhepunkte und manch schwache Phase abwechseln. Trotzdem gefĂ€llt mir der Stil des Autors insgesamt sehr, sodass ich das Buch guten Gewissens fĂŒr eine LektĂŒre zwischendurch empfehlen kann.

geschrieben am 05.04.2011 | 574 Wörter | 3591 Zeichen

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