ISBN | 3866160445 | |
Autor | Martin Woznica | |
Verlag | Via Nova | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 276 | |
Erscheinungsjahr | 2006 | |
Extras | - |
Ganz unscheinbar ist der erste Eindruck von Martin Woznica - egal ob auf CD oder in seinen Büchern. Ein sanfter, ruhiger, immer freundlicher und sehr empathischer Lehrer, der durch Bewegung und Atemarbeit zur Selbstverwirklichung anregt und der ein weises und leuchtendes Vorbild für wirkliche Körperarbeit vorgibt. Sein erstes Buch, welches im Vianova-Verlag erschienen ist, verband die beiden Techniken (ein Begriff der von Woznica so nur mit Anführungszeichen verwendet wird) Yoga und Feldenkrais zu einem formidablen Praxisbuch, das innerhalb der bewussten Bewegung den Körper zur Erleuchtung führen konnte – nicht mehr und nicht weniger; die Chancen jedenfalls sind mit diesen Vorlagen gegeben.
Das Erstaunliche nun: erst der Nachfolger, also Band Zwei, bietet die theoretischen Hintergründe für dieses Vorhaben. Und das aus Sicht seiner ganz persönlichen Praxis. Wie man überhaupt einleitend und zusammenfassend feststellen kann, dass hier ein Mensch auf der persönlichen Suche ist, der in vielen Kapiteln sich selbst und seine Untersuchungen und Überlegungen hinterfragt und zu integrieren sucht. Eine Schrift voller Selbstreinigung, Ehrlichkeit und Respekt vor der großen natürlichen Kraft des Geistes.
Inhaltlich stellt der Autor zunächst die beiden Grundideen der beiden Konzepte vor, deren Techniken und vor allen Dingen deren spirituellen Hintergrund, wobei der beim Yoga sich spirituell-leiblich erklärt (auch innerhalb der vielen Traditionen, Schulen oder Arbeitsrichtungen) und beim Feldenkrais eher psychologisch-instrumentell verstanden werden darf. In dieser Grundlagenarbeit zeichnet sich der Autor als unheimlich kenntnisreicher und intelligenter Methodiker aus, als jemand, der nicht nur die Basisliteratur, sondern auch Vorgänger und Einflüsse (Krishnamurti, Gurdjeff, Alexander, Heinrich Jacoby, Konstruktivismus) ausreichend gelesen hat und sinnvoll miteinander in Bezug setzen kann.
Der weitere Verlauf ist dann der Versuch Kristallationspunkte zwischen den beiden Bewegungsformen zu finden, um, wie oben bereits erwähnt, ein leibseelisches Faszinosum zu erkennen, das fern jeder ichhaften oder persönliche Bezugnahme steht – eine Transzendenz, die in und um den Körper herum erfahrbar ist, die mit Hilfe der Selbstbeobachtung zur Selbstverwirklichung führen darf, auch wenn - so mag mancher Yogi behaupten - Woznica das ein oder andere Mal zu oft das Selbst in den Vordergrund stellt (wenn auch mit einer ganz hehren Absicht) und insgesamt viel zu viele Worte aufwenden muss.
Jede spirituelle Praxis kann als Yoga verstanden werden, so Woznica. Konsequenterweise ist mit solch einem starken Bonmot schon viel gesagt – letztlich erschlägt es einen an reichen, unendlichen Erkenntnissen; die Lektüre sei also in Dosen empfohlen, so wie ein gutes Tagebuch, das maßvoll immer wieder heilsame Weisheiten bereit hält – in den letzten Abschnitten geht es sogar in Richtung psychologischer Ratgeber, wenn es um die Regelhaftigkeit ichbezogenen Handelns und Kommunizierens geht. Inhaltlich so leuchtend rein und stark, dass man es wirklich nur empfehlen kann.
Das Einzige, was man sich vergegenwärtigen muss, ist, dass Woznica nicht den leichtesten Weg geht, wie er einleitend zum letzten Abschnitt selber schreibt. Aus Lesersicht eben, weil man den großen melancholischen Weg zur Freiheit literarisch und intellektuell mit ihm gemeinsam gehen muss. Das ist nicht immer einfach, aber allemal lesenswert. Seine größte Stärke hat er aber nach wie vor in der Praxis, wie das einzige praktische Erleben der Awareness-Methode zeigt, die Woznicas wahre Stärke offenbart. Nicht Machen, sondern Geschehen lassen und unnötige Muskelinnervationen aufgeben, sind das Wesen der Bewegung; Woznica weiß das und bietet hier die theoretischen Grundlagen in mehrfacher Essenz. In Dosen sehr wertvoll – eine heilige Schrift, auf dem Weg zu sich selbst.
geschrieben am 20.04.2012 | 545 Wörter | 3348 Zeichen
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