ISBN | 3871347523 | |
Autoren | Dieter Wischmeyer , Oliver Welke | |
Verlag | Rowohlt Berlin | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 318 | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Extras | - |
Eigentlich finde ich Oliver Welke im TV nur begrenzt lustig, ebenso wie den Typus Comedy-/Sportmoderator Lou Richter und andere Komplizen, die zwischen den Unterhaltungs-Genres wandern und dabei eben gerade nicht die Spitzenwerte an humoristischer FĂ€higkeiten erreichen wie dies etwa Profis vom Kaliber eines Hagen Rether, Volker Pispers oder gar Urban Priol vermögen. Aber das vorliegende doch recht umfangreiche Buch mit 77 Dossiers ĂŒber vermeintliche Helden des deutschen Alltags, sprich Politiker, Promis und andere Schlagzeilenegoshooter, das Welke zusammen mit Dietmar Wischmeyer verfasst hat, ist wirklich gelungen, teilweise richtig lustig und phasenweise herrlich böse. Klar, der eine oder andere Kalauer ist auch dabei und auch der ein oder andere humoristische Rohrkrepierer (Joseph Blatter, Horst Seehofer und einige andere), aber insgesamt kann man das Buch nur empfehlen, wenn man ein oder zwei Abende mit ein bisschen Satire und Wortwitz, aber auch, und das ist ein weiterer positiver Aspekt des Buches, gesellschaftlicher Spiegelung verbringen will.
Die einzelnen Geschichten und Passagen ĂŒber die betroffenen Personen (zum Teil Personengruppen wie die ARD-Talker) variieren in LĂ€nge, Stil, Machart und natĂŒrlich auch der LachqualitĂ€t. Immer wieder warten die Autoren dabei mit gelungenen Bildern auf, etwa der Beschreibung von Angela Merkel als Berliner WanderdĂŒne, die zuhause Essig trinkt und sich von ihren Wachleuten versaute Witze erzĂ€hlen lĂ€sst aber auch vom NPD-VorzeigemĂ€nnchen Holger Apfel, der zuhause im rosa Frotteebademantel âunsere kleine Farmâ anschaut, herrlich zynisch. Aber auch die bissigen Bonmots zu den SPD-Granden Olaf Scholz und vor allem Sigmar Gabriel sollten Extra-Applaus erhalten.
Selbst die fiktiven Elemente, etwa in der Vision zum greisen Dieter Bohlen oder zu Joschka Fischers TrĂ€umerein sind sehr gut geworden und eine passende Abwechslung zu den klassischen aktuellen Austeilorgien gegen noch regierende Zielscheiben. Und auch die Ăberlegung, dass GĂŒnther Wallraff eigentlich der verkleidete Thilo Sarrazin ist, hat einen sĂŒffisanten Beigeschmack samt herber Schelte fĂŒr den AngstbĂŒrger.
Gleich zum Thema: weitere und schöne gesellschaftliche Kritik, selbst wenn der versuchte Witz nicht immer zĂŒndet, wird in den Dossiers zum titelgebenden Frank Bsirske als janusgesichtigem AllzweckfunktionĂ€r, zum unertrĂ€glichen Stefan Mappus oder zu den gescheiterten PrĂ€sidenten Horst Köhler und Christian Wulff geĂŒbt.
Die meiner Ansicht nach beste Geschichte wird aber dem gockelhaften âPhilosophenâduell zwischen Sloterdijk und Precht gewidmet, ein wahrer Lesegenuss. Wobei sie in harter Konkurrenz zum Protokoll eines Tages von Ursula von der Leyen steht, bei dem ein herrlicher Lacher die Phase zwischen 5:40 und 5:45 Uhr ist: Familienzeit, aber keiner ist mit aufgestanden. Wunderbar.
Insgesamt kann man mit der LektĂŒre und dem Kauf dieses Buches also wenig falsch machen. Selbst wenn man mal die eine oder andere Geschichte mit einem genervten Augenrollen quittieren mag, wird man doch von der weit ĂŒberwiegenden Menge der gelungenen Dossiers, Wortspiele, Gemeinheiten und treffenden WortflorettstöĂe ĂŒberzeugt und mehr als einmal zum Lachen gebracht.
geschrieben am 12.02.2013 | 450 Wörter | 2786 Zeichen
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