ISBN | 3890294170 | |
Autor | Reinhold Messner | |
Verlag | Malik | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 288 | |
Erscheinungsjahr | 2012 | |
Extras | - |
In seinem neuesten Werk bringt Reinhold Messner dem Leser die Begehungshistorie des mit (nach neuen Vermessungen) 8202 Metern sechsthöchsten Berges der Welt nahe: die Geschichte des Cho Oyu, den Messner, zusammen mit Hans Kammerlander und Michl Dacher 1983 (im zweiten Anlauf) bestiegen hat (was die erst vierte Besteigung des bis dahin wenig beachteten Achttausenders überhaupt war). In diesem Buch geht es jedoch nicht um Messner, jedenfalls nicht vorrangig. Im Mittelpunkt steht ein anderer: der Österreicher Herbert Tichy, dem am 19.10.1954 die Erstbesteigung des Cho Oyu gelang, zusammen mit Josef Jöchler und Pasang Dawa Lama. Und dies nicht, wie es zu dieser Zeit üblich war, mit Hilfe einer ausufernden Expedition, Tonnen von Material und unzähligen Höhenträgern, sondern im alpinen Stil, d.h. mit nur einer handvoll Begleiter, lediglich der notwendigsten Ausrüstung und natürlich ohne Flaschensauerstoff. Messner wandelt dabei ganz auf Tichys Spuren und portraitiert im ersten Teil des Buches nicht nur „einen weiteren Achttausender“, sondern den sehr interessanten, vielschichtigen Menschen Herbert Tichy, der weit mehr war als „nur“ ein Bergsteiger. Tichy war nicht nur Journalist und Geologe, sondern ein Reisender, der lange Zeit im Himalaja verbracht hatte und sich intensiv für das Land und die Menschen, die er darin vorfand, interessierte. Seine feinfühligen Beobachtungen und seine Wertschätzung Mensch und Natur gegenüber werden auch in diesem Buch ganz deutlich herausgearbeitet. Die Geschichte seiner Erstbegehung des Cho Oyu wird detailliert erzählt. Sie wird nicht einfach nur anhand von belegten Fakten rekonstruiert, sondern lebendig gemacht. Ganz nah und atmosphärisch wird es immer dann, wenn Herbert Tichy selbst zu Wort kommt: in Form von wörtlich zitierten Tagebucheinträgen und Briefauszügen. Dies sind die intensivsten Momente, die den Menschen Tichy und seine Erlebnisse greifbar machen und die erahnen lassen, was für ein Mensch dieser Mann war. Nebenbei erhält der Leser eine interessante Geschichtsstunde Herkunft und Wanderung der Sherpa vom Osten her, durch das mittlere und südliche Tibet und welche Rolle der Nangpa-La, der mit ca. 6.000 Metern höchste benutzte Pass der Erde, hierbei spielte.
In einem weiteren Teil des Buches wird die gesamte Chronik der weiteren nachfolgenden Expeditionen, Besteigungen, Erstbegehungen weiterer Routen rekapituliert. Eine besondere Beachtung erhält hierbei die Geschichte der reinen Frauenexpedition im Jahre 1959, mit welcher die französiche Bergsteigerin Claude Kogan mit zwölf weiteren Frauen sich zur Besteigung des Cho Oyu aufmacht. Eine Expedition, die tragisch endete.
Im letzten reinen Textteil schildert Messner dann seine eigene, eingangs erwähnte Cho Oyu-Geschichte, in komprimierter Form die seines fehlgeschlagenen ersten Versuches in der Wintersaison 1982/83, dann ausführlicher die seiner erfolgreichen Besteigung 1983. Nach 207 Seiten endet so der reine Textteil. Auf den restlichen 80 Seiten findet sich die Liste aller Gipfelbesteiger von Tichy 1954 bis zum Herbst 2011. Mittlerweile ist der Cho Oyu, der als „leichtester“ Achttausender gilt (soweit es einen leichten Achttausender überhaupt geben kann), der meistbestiegene Achttausender. Zusammen mit den weiterführenden Literaturhinweisen wird das Buch so zugleich auch zum Nachschlagewerk. Mehr als hundert Abbildungen ergänzen den Text.
Messner hat dieses Buch im übrigen nicht alleine geschrieben. Weitere Co-Autoren wie Fosco Maraini, Günter Seyfferth, Edi Koblmüller, Wolfgang Nairz, Jul Bruno Laner und Hanspeter Eisendle liefern Beiträge und bereichern die Schrift. Über das gesamte Buch verstreut finden sich zudem zahlreiche Zitate anderer Bergsteiger und Teilnehmer verschiedener Expeditionen, was dem Buch weitere Perspektiven und Facetten hinzufügt. Eine oft von Kritikern bemühte (und ebenso oft unangebracht vorgetragene) „Messner-One-Man-Show“ gibt es hier nicht. Ein Buch, nicht nur für Bergbegeisterte, zugleich eine Hommage an Herbert Tichy.
geschrieben am 14.02.2013 | 563 Wörter | 3500 Zeichen
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