ISBN | 3869306094 | |
Autor | Claire Keegan | |
Verlag | Steidl Verlag | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 101 | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Extras | - |
Claire Keegan hat eine stimmungsvolle, eindringliche und ergreifende Erzählung geschrieben. Ein Mädchen aus einer kinderreichen Familie wird, weil die Mutter wieder schwanger ist und ohnehin schon zuviele Münder in der Familie gefüttert werden müssen, zu Bekannten aufs Land gebracht, damit es dort jedenfalls bis zur Geburt des Kindes dort leben kann. Die Familie ist selbst landwirtschaftlich tätig, aber der Vater trinkt gerne und spielt, verspielt dabei auch wichtige Wirtschaftsgüter. Das Mädchen wird vom Vater zur Gastfamilie gebracht, den Kinsellas. Die Gefühle sind gemischt, aber die Aufnahme ist trotz einer steifen Unsicherheit auf beiden Seiten von einer bisher dem Mädchen so nicht bekannten Fürsorge und Herzlichkeit. Selbst als es gleich in der ersten Nacht ins Bett nässt, ist das kein Drama, sondern wird am nächsten Morgen von den Kinsellas spielerisch übergangen. Das Mädchen fügt sich rasch in den Haushalt und das Leben dort ein und blüht regelrecht auf. Es hat auf einmal einen liebevollen und sich kümmernden Vater, der dem Kind auch die körperliche Nähe nicht entzieht und es zu neuen Leistungen anspornt. Die Mahlzeiten sind überhaupt vorhanden, gesund und reichlich, die Arbeit ist mehr ein Vergnügen und die Zeit fliegt dahin. Neue Kleider müssen gekauft werden und das Mädchen sieht auf einmal hübsch und adrett aus. Natürlich ist das „Geheimnis“ der Kinsellas, nämlich dass sie selbst ein Kind, einen Jungen, hatten, der verunglückt ist, bald gelüftet, aber ansonsten nicht weiter Thema des Buches. Vielmehr wird mit zunehmendem Bangen auf den Tag gewartet, an welchem ein Brief der Eltern die gewünschte Rückkehr des Mädchens verkündet, da der Säugling auf der Welt ist. Schweren Herzens wird das Mädchen von den Kinsellas zurückgebracht, es wird nicht viel geredet, die Mutter ist unempathisch, der Vater schnippisch und grob, die Geschwister staunen über das verwandelte Mädchen, das auf einmal anders aussieht, anders spricht und sich ganz offensichtlich in der alten Umgebung fremd fühlt. Das geht so weit, dass das Mädchen, als die Kinsellas wieder aufbrechen wollen, zu ihnen ans Auto rennt, sich Kinsella in die Arme wirft und ihn „Daddy“ nennt. Ein passender, rührender Schlusspunkt.
Die Erzählung liest sich wie aus einem Guss, nicht nur zeitlich, sondern auch stilistisch und emotional. Man wird mit wenigen Federstrichen in die zerbrechliche Welt des unsicheren jungen Mädchens hineingezogen, das auf einmal mit Liebe und Zuneigung überschüttet wird. Ein zwar kurzes, aber wunderschönes Leseerlebnis.
geschrieben am 11.09.2013 | 385 Wörter | 2212 Zeichen
Kommentare zur Rezension (0)
Platz für Anregungen und Ergänzungen