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Andy Warhol - The Early Sixties


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Rezension von

Matthias Pierre Lubinsky

Andy Warhol - The Early Sixties Vier Jahre genĂŒgten, um die Kunst zu revolutionieren. Zwischen 1961 und 1964 hat Andy Warhol ein Konzept fĂŒr seine Arbeit entwickelt, das die Kunst verĂ€ndern sollte und ihn zum bedeutendsten KĂŒnstler der zweiten HĂ€lfte des 20sten Jahrhunderts machte. Andy Warhol schuf sich die Idee fĂŒr seine Karriere, fĂŒr sein Bild in der Öffentlichkeit und die Aura seines Werkes. Das radikale Ersetzen der bisherigen individualistischen, gestisch bestimmten Bildsprache durch die von ihm verwandten massenbekannten, hochkapitalistischen und bereits vollstĂ€ndig benutzten Bilder stellte jedwede Kategorie von Kunstschaffen infrage. Die Ausstellung Andy Warhol – The Early Sixties. GemĂ€lde und Zeichnungen 1961 – 1964 im Kunstmuseum Basel widmet sich der vielleicht bedeutendsten Periode der Kunst-Ikone: Neben 70 GemĂ€lden und Zeichnungen ist auch Arbeitsmaterial aus seinem Atelier zu sehen. Das fulminante Katalog-Buch aus dem Hatje Cantz Verlag dokumentiert die ausgestellten Werke. Drei Ă€ußerst lohnenswerte Essays beleuchten diesen besonderen Umbruchsmoment in der modernen Kunstgeschichte. Arthur Danto wĂ€hlt in seinem Beitrag als Werkexempel Andy Warhols Before and After, um das Ausmaß der VerĂ€nderung zu illustrieren. Und diese VerĂ€nderung betraf lĂ€ngst nicht nur Warhols Kunst. Sie betraf sein gesamtes Schaffen, seine Ansichten, sein Leben und in deren Folge den gesamten Kunstbetrieb. 1961 entdeckte er in einer Zeitung die Anzeige eines Schönheitschirurgen. Mit zwei Schwarz-Weiß-Zeichnungen warb der fĂŒr Nasenkorrekturen: links sah der amerikanische Zeitungsleser eine hĂ€ssliche lange Hakennase, rechts die korrigierte kleine, sĂŒĂŸe Stupsnase Ă€hnlich zweier Scherenschnitte. Warhol vergrĂ¶ĂŸerte das Bild mittels Projektor um ein Hundertfaches und malte es ab auf Leinwand. Warhol war bis dahin ein Ă€ußerst erfolgreicher Werbegraphiker, dessen Arbeit ihm nicht nur Wohlstand brachte, sondern auch Anerkennung. HauptsĂ€chlich zeichnete er fĂŒr eine Schuhfirma High-Heels in kitschigen Bonbon-Farben. Ende der 50er Jahre wollte er mehr. Warhol wollte mit aller Gewalt als KĂŒnstler berĂŒhmt werden. Arthur Danto schreibt zu Before and After: »Der Grund dafĂŒr, dass Warhol zu der Kultfigur wurde, die er am Ende war, hĂ€ngt teilweise damit zusammen, dass zunĂ€chst fast niemand eine Differenz zwischen den beiden Bildern erkannt hĂ€tte. Warhol hat nicht einfach eine banale Werbegrafik reproduziert. Er machte den Unterschied zwischen einer banalen Grafik und einem Kunstwerk mit einem Schlag unsichtbar und bedeutsam. Damit verĂ€nderte er jedoch weniger die Art, wie wir Kunst betrachten, als die herkömmliche Auffassung von Kunst ĂŒberhaupt. Mit andern Worten, zwischen 1959 und 1961 wurde der Keim zu einer visuellen und letztlich auch kulturellen Revolution gelegt.« Die bedeutende Ausstellung beweist, dass zu Andy Warhol noch lĂ€ngst nicht alles gesagt ist. In ihrer Idee und in ihrem Gesamtkonzept ist sie herausragend, weil sie eine Geschichte erzĂ€hlt. Es ist die Geschichte von Warhols HĂ€utung, von der hochmotivierten Erfindung seines Bildkonzeptes, bei dem er das Bild nicht selbst erfindet, sich vielmehr vorhandener Bildvorlagen bedient. Die Steigerung des Gesellschaftsspiegels lag darin, dass er hĂ€ufig noch nicht einmal die Vorlagen selbst fand. Er war angewiesen auf Ideen von anderen, die ihm sagten, warum nimmst Du nicht mal eine Suppendose. Warhol praktizierte dies offensiv, indem er Besucher unvermittelt nach Ideen fĂŒr Vorlagen fragte. Sebastian Egenhofer fragt in seinem Katalog-Beitrag nach »SubjektivitĂ€t und Bedeutungsproduktion beim frĂŒhen Warhol«. Er sieht die Bedeutung von Warhols FrĂŒhwerk insbesondere in der EntĂ€ußerung der Bedeutung: Warhol habe den Sinn an die OberflĂ€che des Werkes verlagert. Stefan Neuner untersucht Warhols Schaffen in den frĂŒhen 1960-er Jahren mittels der Komödientheorie dieser Zeit. Warhol habe die Kunst wie kein anderer Maler relativiert. Neuner sieht Warhol daher eher als Wegbereiter einer Kunst nach der Malerei. Das Katalog-Buch wird an diese herausragende Ausstellung im Kunstmuseum Basel auch nach deren Ende erinnern und weitere Forschungen animieren.

Vier Jahre genĂŒgten, um die Kunst zu revolutionieren. Zwischen 1961 und 1964 hat Andy Warhol ein Konzept fĂŒr seine Arbeit entwickelt, das die Kunst verĂ€ndern sollte und ihn zum bedeutendsten KĂŒnstler der zweiten HĂ€lfte des 20sten Jahrhunderts machte. Andy Warhol schuf sich die Idee fĂŒr seine Karriere, fĂŒr sein Bild in der Öffentlichkeit und die Aura seines Werkes.

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Das radikale Ersetzen der bisherigen individualistischen, gestisch bestimmten Bildsprache durch die von ihm verwandten massenbekannten, hochkapitalistischen und bereits vollstĂ€ndig benutzten Bilder stellte jedwede Kategorie von Kunstschaffen infrage. Die Ausstellung Andy Warhol – The Early Sixties. GemĂ€lde und Zeichnungen 1961 – 1964 im Kunstmuseum Basel widmet sich der vielleicht bedeutendsten Periode der Kunst-Ikone: Neben 70 GemĂ€lden und Zeichnungen ist auch Arbeitsmaterial aus seinem Atelier zu sehen. Das fulminante Katalog-Buch aus dem Hatje Cantz Verlag dokumentiert die ausgestellten Werke. Drei Ă€ußerst lohnenswerte Essays beleuchten diesen besonderen Umbruchsmoment in der modernen Kunstgeschichte.

Arthur Danto wĂ€hlt in seinem Beitrag als Werkexempel Andy Warhols Before and After, um das Ausmaß der VerĂ€nderung zu illustrieren. Und diese VerĂ€nderung betraf lĂ€ngst nicht nur Warhols Kunst. Sie betraf sein gesamtes Schaffen, seine Ansichten, sein Leben und in deren Folge den gesamten Kunstbetrieb.

1961 entdeckte er in einer Zeitung die Anzeige eines Schönheitschirurgen. Mit zwei Schwarz-Weiß-Zeichnungen warb der fĂŒr Nasenkorrekturen: links sah der amerikanische Zeitungsleser eine hĂ€ssliche lange Hakennase, rechts die korrigierte kleine, sĂŒĂŸe Stupsnase Ă€hnlich zweier Scherenschnitte. Warhol vergrĂ¶ĂŸerte das Bild mittels Projektor um ein Hundertfaches und malte es ab auf Leinwand.

Warhol war bis dahin ein Ă€ußerst erfolgreicher Werbegraphiker, dessen Arbeit ihm nicht nur Wohlstand brachte, sondern auch Anerkennung. HauptsĂ€chlich zeichnete er fĂŒr eine Schuhfirma High-Heels in kitschigen Bonbon-Farben. Ende der 50er Jahre wollte er mehr. Warhol wollte mit aller Gewalt als KĂŒnstler berĂŒhmt werden.

Arthur Danto schreibt zu Before and After: »Der Grund dafĂŒr, dass Warhol zu der Kultfigur wurde, die er am Ende war, hĂ€ngt teilweise damit zusammen, dass zunĂ€chst fast niemand eine Differenz zwischen den beiden Bildern erkannt hĂ€tte. Warhol hat nicht einfach eine banale Werbegrafik reproduziert. Er machte den Unterschied zwischen einer banalen Grafik und einem Kunstwerk mit einem Schlag unsichtbar und bedeutsam. Damit verĂ€nderte er jedoch weniger die Art, wie wir Kunst betrachten, als die herkömmliche Auffassung von Kunst ĂŒberhaupt. Mit andern Worten, zwischen 1959 und 1961 wurde der Keim zu einer visuellen und letztlich auch kulturellen Revolution gelegt.«

Die bedeutende Ausstellung beweist, dass zu Andy Warhol noch lĂ€ngst nicht alles gesagt ist. In ihrer Idee und in ihrem Gesamtkonzept ist sie herausragend, weil sie eine Geschichte erzĂ€hlt. Es ist die Geschichte von Warhols HĂ€utung, von der hochmotivierten Erfindung seines Bildkonzeptes, bei dem er das Bild nicht selbst erfindet, sich vielmehr vorhandener Bildvorlagen bedient. Die Steigerung des Gesellschaftsspiegels lag darin, dass er hĂ€ufig noch nicht einmal die Vorlagen selbst fand. Er war angewiesen auf Ideen von anderen, die ihm sagten, warum nimmst Du nicht mal eine Suppendose. Warhol praktizierte dies offensiv, indem er Besucher unvermittelt nach Ideen fĂŒr Vorlagen fragte.

Sebastian Egenhofer fragt in seinem Katalog-Beitrag nach »SubjektivitĂ€t und Bedeutungsproduktion beim frĂŒhen Warhol«. Er sieht die Bedeutung von Warhols FrĂŒhwerk insbesondere in der EntĂ€ußerung der Bedeutung: Warhol habe den Sinn an die OberflĂ€che des Werkes verlagert.

Stefan Neuner untersucht Warhols Schaffen in den frĂŒhen 1960-er Jahren mittels der Komödientheorie dieser Zeit. Warhol habe die Kunst wie kein anderer Maler relativiert. Neuner sieht Warhol daher eher als Wegbereiter einer Kunst nach der Malerei.

Das Katalog-Buch wird an diese herausragende Ausstellung im Kunstmuseum Basel auch nach deren Ende erinnern und weitere Forschungen animieren.

geschrieben am 07.09.2010 | 577 Wörter | 3587 Zeichen

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