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Die neuen Abenteuer des GroĂźwesirs Isnogud, Bd. 1: Präsident Isnogud


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Rezension von

Frank Drehmel

Präsident Isnogud Neben Lucky Luke und Asterix nimmt Isnogud zumindest im deutschsprachigen Raum im Bereich franko-belgischer Funnies eine herausragende Stellung ein. Nicht nur, dass die Veröffentlichungsgeschichte bis ins Jahr 1962 zurückreicht und mit René Goscinny und Jean Tabary lange Zeit zwei europäische Comic-Koryphäen Erscheinungsbild und Inhalt der zunächst kurzen und später albenlangen Storys bestimmten, sondern auch der Ansatz, einen seinem Wesen nach bösartigen, intriganten und skrupellosen Karrieristen, der selbst vor Mord nicht zurückschreckt, zum Hauptprotagonisten eines orientalisch-altertümlichen, magischen Settings zu machen, strotzte per se vor Originalität und – buchstäblich – zauberhaftem Charme. Nach dem Tode Goscinny führte Tabary die Serie zunächst alleine fort, um später seinen Sohn Nicolas als Koloristen einzubinden. Nachdem Jean Tabary sich nach dem 2004 erschienen Band „La faute de l'ancêtre“ (Die Schuld der Vorfahren, dt. bei Ehapa) weitgehend aus der Seriengestaltung zurückzog und die Verantwortung für seine Figur in die Hände seiner Kinder legte, deren 2008'er Geschichte „Les mille et une nuits du Calife“ veritabel floppte, veräußerte Jeans Familie die Rechte an den Verlag IMAV, der mit Nicolas Canteloup und Laurent Vassilian für das vorliegende Album zwei Autoren finden konnte, die vorderst durch ihre Medienpräsenz als Komiker – Canteloup – respektive als Sketchautor – Vassilian – einem breiten Publikum ein Begriff sind, während Nicolas Tabary als Zeichner der Geschichte fungiert. Die Story ist im Grundplot vergleichsweise einfach gestrickt: In Bagdad, der Prächtigen, hat ein neuer Magier seine Praxis eröffnet. Gegen einen kleinen Obolus von 60 Piaster schaut der große Freut seinen Bittstellern in die Seele, um dann ihre Träume zu erfüllen. Es versteht sich von selbst, das Großwesir Isnogud die Gelegenheit beim Schopfe ergreifen will, um Kalif anstelle des Kalifen zu werden. Doch die Sitzung bei Freut erweist sich als – euphemistisch ausgedrückt – eher zäh und endet damit, dass der Magier sich auf dem Richtblock unter des Henkers Axt wiederfindet. Zugleich hält man im Kalifat ein urdemokratische Ritual ab: die turnusmäßig alle zehn Jahre stattfindende Kalifatswahl, deren konsensuale Aussagekraft allerdings ein klein wenig dadurch geschmälert wird, dass nur der Kalif sich zur Wahl stellen darf und zudem der einzige Stimmberechtigte ist. Die gesamte Situation gerät aus den Fugen, als Freut den einzigen Henker Bagdads davon überzeugt, einer eher künstlerischen Profession im Varieté nachzugehen, was Isnogud wiederum dazu zwingt, sich einen neuen Henker zu suchen, um die für das Ausüben seiner Macht notwendige Gewaltandrohung und damit seine Glaubwürdigkeit sicherzustellen. Als dann auch noch das Volk auf Grund der ständigen Interventionen Freuts, die weitere Funktionsträger dazu bringen, ihre Berufswahl zu überdenken, revoltiert, sieht sich der gute Kalif Harun Al-Pussah genötigt, eine wahrhaft demokratische Wahl abzuhalten und erkört Isnogud zu seiner Opposition. Auf dass ein schmutziger Wahlkampf eröffnet sei! Nach einer langen Zeit des Wartens und des Hoffens, dass mit dem Tod Tabarys im Jahre 2011 nicht auch seine Figur ins orientalische Paradies eingehe, kam die Ankündigung von Dani Books, die neuen Abenteuer nach Deutschland zu holen, einer Erlösung gleich. Bedauerlicherweise hält dieser Story-Neubeginn allerdings nicht das, was Ankündigung und Erwartung versprechen. Canteloups und Vassilians Geschichte fehlt der zauberhafte Charme, die Leichtigkeit, mit der einst der große Goscinny seine Leserschaft begeisterte. Zu viele Charaktere, zu viele unsensibel platte Anspielungen auf – mehr oder weniger – tagespolitische und zeitgenössische „Phänomene“ und Holzhammerhumor anstatt geistreicher, feinsinniger Pointen vermitteln einen äußerst bemühten Eindruck. Die bloße Anzahl an Protagonisten sowie die inkoheränte Handlung mit ihren zahlreichen Plots und Subplots bringt es fast zwangsläufig mit sich, dass Isnogud das Heft des Handels weitgehend aus der Hand gibt und noch mehr als bei Goscinny oder – später – Tabary zu einem durch die Umstände Getriebenen wird und dass Tunichgud als sein Über-Ich, sein Gewissen und als derjenige, der schlussendlich immer die Scherben aufkehrt, vollkommen zur Bedeutungslosigkeit verdammt ist, wohingegen der Kalif geradezu in ungewohnten „Out of Character“-Aktionismus verfällt. Wie die unübersichtliche Geschichte, so das Artwork: überladen einerseits, reduziert in anderen Panels. Zudem fehlt Nicolas im Strich die zeichnerische Leichtigkeit seines Vaters, auch wenn die Figuren insgesamt und für sich genommen markant in Szene gesetzt sind. Fazit: Eine chaotisch-überladene Story mit aufdringlich aktuellen Bezügen, eine Masse an Charakteren und der Holzhammerhumor, der keinerlei „Sense of Wonder“ transportiert, überzeugen nicht, sodass zumindest für mich das Eröffnungspanel, in welchem sich Isnogud bei einer Rede vergeblich um politisch korrektes Gendering bemüht, die lustigste Szene des ganzen Albums bleibt. Isnogud-Fans und Besitzer der Gesamtausgabe werden dennoch zugreifen (müssen).

Neben Lucky Luke und Asterix nimmt Isnogud zumindest im deutschsprachigen Raum im Bereich franko-belgischer Funnies eine herausragende Stellung ein. Nicht nur, dass die Veröffentlichungsgeschichte bis ins Jahr 1962 zurückreicht und mit René Goscinny und Jean Tabary lange Zeit zwei europäische Comic-Koryphäen Erscheinungsbild und Inhalt der zunächst kurzen und später albenlangen Storys bestimmten, sondern auch der Ansatz, einen seinem Wesen nach bösartigen, intriganten und skrupellosen Karrieristen, der selbst vor Mord nicht zurückschreckt, zum Hauptprotagonisten eines orientalisch-altertümlichen, magischen Settings zu machen, strotzte per se vor Originalität und – buchstäblich – zauberhaftem Charme.

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18.02.2018
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18.02.2018

Nach dem Tode Goscinny führte Tabary die Serie zunächst alleine fort, um später seinen Sohn Nicolas als Koloristen einzubinden. Nachdem Jean Tabary sich nach dem 2004 erschienen Band „La faute de l'ancêtre“ (Die Schuld der Vorfahren, dt. bei Ehapa) weitgehend aus der Seriengestaltung zurückzog und die Verantwortung für seine Figur in die Hände seiner Kinder legte, deren 2008'er Geschichte „Les mille et une nuits du Calife“ veritabel floppte, veräußerte Jeans Familie die Rechte an den Verlag IMAV, der mit Nicolas Canteloup und Laurent Vassilian für das vorliegende Album zwei Autoren finden konnte, die vorderst durch ihre Medienpräsenz als Komiker – Canteloup – respektive als Sketchautor – Vassilian – einem breiten Publikum ein Begriff sind, während Nicolas Tabary als Zeichner der Geschichte fungiert.

Die Story ist im Grundplot vergleichsweise einfach gestrickt: In Bagdad, der Prächtigen, hat ein neuer Magier seine Praxis eröffnet. Gegen einen kleinen Obolus von 60 Piaster schaut der große Freut seinen Bittstellern in die Seele, um dann ihre Träume zu erfüllen. Es versteht sich von selbst, das Großwesir Isnogud die Gelegenheit beim Schopfe ergreifen will, um Kalif anstelle des Kalifen zu werden. Doch die Sitzung bei Freut erweist sich als – euphemistisch ausgedrückt – eher zäh und endet damit, dass der Magier sich auf dem Richtblock unter des Henkers Axt wiederfindet.

Zugleich hält man im Kalifat ein urdemokratische Ritual ab: die turnusmäßig alle zehn Jahre stattfindende Kalifatswahl, deren konsensuale Aussagekraft allerdings ein klein wenig dadurch geschmälert wird, dass nur der Kalif sich zur Wahl stellen darf und zudem der einzige Stimmberechtigte ist.

Die gesamte Situation gerät aus den Fugen, als Freut den einzigen Henker Bagdads davon überzeugt, einer eher künstlerischen Profession im Varieté nachzugehen, was Isnogud wiederum dazu zwingt, sich einen neuen Henker zu suchen, um die für das Ausüben seiner Macht notwendige Gewaltandrohung und damit seine Glaubwürdigkeit sicherzustellen. Als dann auch noch das Volk auf Grund der ständigen Interventionen Freuts, die weitere Funktionsträger dazu bringen, ihre Berufswahl zu überdenken, revoltiert, sieht sich der gute Kalif Harun Al-Pussah genötigt, eine wahrhaft demokratische Wahl abzuhalten und erkört Isnogud zu seiner Opposition. Auf dass ein schmutziger Wahlkampf eröffnet sei!

Nach einer langen Zeit des Wartens und des Hoffens, dass mit dem Tod Tabarys im Jahre 2011 nicht auch seine Figur ins orientalische Paradies eingehe, kam die Ankündigung von Dani Books, die neuen Abenteuer nach Deutschland zu holen, einer Erlösung gleich. Bedauerlicherweise hält dieser Story-Neubeginn allerdings nicht das, was Ankündigung und Erwartung versprechen. Canteloups und Vassilians Geschichte fehlt der zauberhafte Charme, die Leichtigkeit, mit der einst der große Goscinny seine Leserschaft begeisterte. Zu viele Charaktere, zu viele unsensibel platte Anspielungen auf – mehr oder weniger – tagespolitische und zeitgenössische „Phänomene“ und Holzhammerhumor anstatt geistreicher, feinsinniger Pointen vermitteln einen äußerst bemühten Eindruck. Die bloße Anzahl an Protagonisten sowie die inkoheränte Handlung mit ihren zahlreichen Plots und Subplots bringt es fast zwangsläufig mit sich, dass Isnogud das Heft des Handels weitgehend aus der Hand gibt und noch mehr als bei Goscinny oder – später – Tabary zu einem durch die Umstände Getriebenen wird und dass Tunichgud als sein Über-Ich, sein Gewissen und als derjenige, der schlussendlich immer die Scherben aufkehrt, vollkommen zur Bedeutungslosigkeit verdammt ist, wohingegen der Kalif geradezu in ungewohnten „Out of Character“-Aktionismus verfällt.

Wie die unĂĽbersichtliche Geschichte, so das Artwork: ĂĽberladen einerseits, reduziert in anderen Panels. Zudem fehlt Nicolas im Strich die zeichnerische Leichtigkeit seines Vaters, auch wenn die Figuren insgesamt und fĂĽr sich genommen markant in Szene gesetzt sind.

Fazit: Eine chaotisch-überladene Story mit aufdringlich aktuellen Bezügen, eine Masse an Charakteren und der Holzhammerhumor, der keinerlei „Sense of Wonder“ transportiert, überzeugen nicht, sodass zumindest für mich das Eröffnungspanel, in welchem sich Isnogud bei einer Rede vergeblich um politisch korrektes Gendering bemüht, die lustigste Szene des ganzen Albums bleibt. Isnogud-Fans und Besitzer der Gesamtausgabe werden dennoch zugreifen (müssen).

geschrieben am 27.12.2015 | 717 Wörter | 4519 Zeichen

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