ISBN | 3518458620 | |
Autor | Patrick Hamilton | |
Verlag | Suhrkamp | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 380 | |
Erscheinungsjahr | 2007 | |
Extras | broschierte Ausgabe |
Der Thriller „Hangover Square“ erzählt in 11 Kapiteln die Leidensgeschichte des schizophrenen Londoners George Harvey Bone zwischen Herbst 1938 bis zum Beginn des 2. Weltkriegs.
Wie der Originaltitel „Hangover Square – A Story of darkest Earl’s Court“ verrät, wohnt George im Londoner Stadtteil Earl’s Court. Er bezieht dauerhaft ein Hotelzimmer und trifft sich jeden Tag mit einer kleinen Gruppe Trinksüchtiger in den umliegenden Bars, auf viele von ihnen wirkt eine Faszination des Faschismus. Eigentlich mag George weder den Faschismus, noch ist er ein begeisterter Trinker.
Zu beginn des Romans befindet sich „Bone“, wie er von seinen Bekannten genannt wird, in Hunstanton, um seine Tante um Geld zu bitten. Er erlebt nach einem Klicken in seinem Kopf einen seiner „tumben Momente“, in denen er in sich gekehrt wirkt. George verspürt den Zwang eine gewisse Netta Longdon zu töten, da er es schon viel zu lange aufgeschoben hat. Nachdem dies vollbracht ist, möchte er nach Maidenhead, weil er dort mit seiner mittlerweile verstorbenen Schwester zwei wundervolle Wochen verbracht hat. Auf der Heimreise fährt die milchige Klappe in seinem Kopf wieder nach oben und George beginnt, dem Leser von der attraktiven, bezaubernden und als Schauspielerin erfolglosen Netta Longdon vorzuschwärmen. Verzwickter wird die Situation als dem Leser klar wird, dass Netta nicht seine Freundin, sondern ein kaltherziges, karriereorientiertes Miststück ist, das ihn nur als nutzlosen Langweiler ansieht, der sie ab und zu gut zum Essen ausführen kann. Im Normalzustand ist George nicht in der Lage, sich gegen ihre Aura wehren, so sehr sie ihn auch ausnutzt. Er träumt davon, mit ihr auf dem Land leben zu können, weg von Earl’s Court und den Trinkkumpanen Peter und Mickey, die ihn nie ernst nehmen. Während seiner toten Momente schmiedet er wieder Pläne für Nettas Tod und Maidenhead.
Dem Roman ist eine kurze Definition von Schizophrenie aus Black’s medizinischem Wörterbuch vorangestellt, was dem Leser eine Einführung in das Problem der Hauptperson verschaffen soll. Jedem Kapitel gehen weitere Buchausschnitte oder Gedichte voran, häufig aus dem Synonymwörterbuch Roget’s Thesaurus und später aus John Miltons „Simson der Kämpfer“, was einen Eindruck der Grundstimmung des jeweiligen Kapitels vermitteln soll. Beeindruckend ist die Schilderung der inneren Gefühle Georges in jeder Phase dieses beschriebenen Jahrs, seine Einstellung seinem jetzigen Leben und seinen Mitmenschen gegenüber. Durch die Beschreibung des Klickens und Knackens in seinem Kopf bemerkt man den Übergang seines Bewusstseins auf die andere Ebene und kann die Erlebnisse dieser Krankheit gut nachvollziehen. Auch die Gedanken der anderen Personen werden in Abschnitten beschrieben und vermitteln ein komplettes Bild der Situation aus allen Perspektiven, sowohl personell als auch historisch.
Wo der Leser anfangs Mitleid mit George Harvey Bone entwickelt, ihm Freunde und Zuneigung von Netta wünscht, neben dem Entsetzen über seine anderen Pläne, wird bald eine Spannung, ob George bald sein Glück, in welcher Form auch immer, finden wird. Zunehmend verliert der Leser die Hoffnung, dass George von Netta und Earl’s Court, wo er eigentlich nur traurig lebt, jemals wegkommen wird. Zu viele Enttäuschungen widerfahren ihm, sodass man sich bald nur noch Netta Longdons Tod herbeisehnt.
Dem Autor gelingt es also, den Leser die Gefühle Georges mitzuempfinden und für ihn nur das Beste, ein sinnerfüllteres Leben, zu wollen. Durch das Wiedersehen mit seinem Freund John Littlejohn könnte er seinem Seelenheil bald nah kommen.
Dem Roman von Patrick Hamilton, dessen Theaterstücke auch von Alfred Hitchcock verfilmt wurden, merkt man keinesfalls an, dass er bereits 1941 erschien. In diesem Jahr erschien die Erstauflage dieser fesselnden Geschichte voller Intelligenz und Melancholie. Sie beleuchtet die Lebenseinstellung des Bekanntenkreises, die Theatergesellschaft und vor allem Aspekte der Schizophrenie. Es lohnt sich, dieses Buch der verzweifelten Sehnsucht nach Liebe, die auf eine Sehnsucht nach inneren Harmonie und Ausführung eines mörderischen Plans in einer einzelnen Person trifft, zu lesen.
geschrieben am 26.06.2007 | 616 Wörter | 3617 Zeichen
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