ISBN | 380520860X | |
Autor | Petra Hammesfahr | |
Verlag | Rowohlt | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 448 | |
Erscheinungsjahr | 2008 | |
Extras | - |
Felix erlebt eine traurige Kindheit: Er ist das Produkt eines undichten Kondoms, vor seiner Mutter hat er panische Angst, denn sie verprĂŒgelt ihn aus jedem noch so nichtigen Grund und vernachlĂ€ssigt ihn und seine beiden kleinen Schwestern aufs StrĂ€flichste. Die GroĂmutter, der Giftzahn, sieht jedes Mal mit sadistischer Freude zu, wenn ihre âHochbegabte Charlotteâ mal wieder zuschlĂ€gt. Charlotte âLottiâ Meller wird oft genug von ihrer Mutter darauf hingewiesen, dass sie bei ihrer Intelligenz viel mehr hĂ€tte erreichen können, als einen Versager zu heiraten, fĂŒr den sie einmal die Beine breit gemacht hat und jetzt mit den Konsequenzen gestraft ist. Statt sich mit der Situation abzufinden, macht sie auch noch ihrem Mann das Leben zur Hölle. Thorsten Meller mĂŒht sich dagegen nach KrĂ€ften, den hohen AnsprĂŒchen seiner Frau gerecht zu werden, was fĂŒr einen ungelernten Arbeiter eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist.
Er verspricht seinem Sohn, das kaputte Flugzeugmodell zu reparieren, drĂŒckt ihm die Daumen fĂŒrs Diktat und ist einfach ein guter Vater. Deshalb geht Felix, nachdem er 17 Fehler in seinem Diktat gemacht hat, lieber zu der Baustelle, auf dersein Vater arbeitet, damit dieser es unterschreibt. Als ihm dort mitgeteilt wird, sein Vater sei bereits nach Hause gefahren, lĂ€uft der Kleine nach Hause. Stunden spĂ€ter wird er in der Stadt aufgegriffen, mit einer Stichverletzung aim Hals und von oben bis unten voller Blut.
Was in seinem Elternhaus passiert ist, entzieht sich seiner Kenntnis. Eine TĂŒr in seinem Kopf versperrt sich gegen die grausigen Details. Erst nach und nach wird ihm so schonend wie möglich beigebracht, dass mit einem Schlag seine ganze Familie, seine Mutter, die beiden Schwestern und sein Vater, tot ist. Das Einzige, was er herausbringt, ist die Aussage, dass sein Papa ihm niemals etwas getan hĂ€tte.
Die Kinderpsychologin und die Polizei werten diese Aussage völlig falsch, Thorsten Meller wird als grausamer Mörder seiner ganzen Familie gebrandmarkt. Lottis Mutter unterstĂŒtzt diese These durch ihre Behauptung, Thorsten sein ein brutaler SchlĂ€ger gewesen. Nur Oma Meller, bei der Felix Kind sein und auch mal laut sein durfte, glaubt an die Unschuld ihres Sohnes.
Felix kommt zunÀchst zu Lottis Bruder Peter und dessen Frau Brigitte, die ihn spÀter adoptieren und wie ihren eigenen Sohn aufziehen.
Die Aufarbeitung der Geschehnisse soll fĂŒr Felix Jahrzehnte dauern - er bekommt AlbtrĂ€ume, in denen scheinbar bedeutungslose Details wie die verstreuten Perlen der Halskette seiner Mutter auftauchen. SpĂ€ter folgen âAussetzerâ - Momente, in denen er nicht weiĂ, was er sagt oder tut und damit die Lehrer in seinem Internat gegen sich aufbringt, dass er sie unwisstenlich beschimpft.
Der Höhepunkt des Albtraums, in den sich sein Leben verwandelt hat seit dem Tag, als er seine Familie verlor, ist der Tag, an dem er mit einem blutigen Messer vor der Leiche seiner Freundin steht und sich an nichts erinnern kann.
Petra Hammesfahr erteilt Felix als Hauptprotagonist das Wort, sodass man nie mehr weiĂ als das, was er sich zusammenreimt. Er erzĂ€hlt in Form von RĂŒckblicken und viele Bemerkungen seiner Mitmenschen erschlieĂen sich fĂŒr ihn erst im Nachhinein.
Es fÀllt schwer, zu akzeptieren, dass Kindesmisshandlungen, wie Hammesfahr sie beschreibt, in manchen Familien an der Tagesordnung sind, trotz der sich in den letzten Jahren hÀufenden Zeitungsmeldungen und gerade das macht die Geschichte noch eindringlicher. Als Leser leidet man mit den Kindern mit, man möchte Lotti hindern, das zu tun, was sie tut, möchte Felix etwas von seiner Last abnehmen. Aber er ist allein mit seinen Geistern, die ihn nicht zur Ruhe kommen lassen.
FĂŒr empfindliche GemĂŒter sind Petra Hammesfahrs Kriminalromane sicher nichts, denn sowohl die detaillierte Beschreibung der grausigen Taten als auch die VorgĂ€nge in Felix Psyche sind Ă€uĂerst anschaulich und verstörend. Bis zum Schluss bleibt offen, was genau geschehen ist, wer unschuldig und wer schuldig, was wahr und was falsch ist.
Bei diesem Thriller hat Petra Hammesfahr mal wieder alle Register ihres Könnens gezogen und lĂ€sst einen Leser zurĂŒck, der einen langen Blick in die AbgrĂŒnde menschlicher Psyche werfen durfte.
FAZIT: Lesenswert und spannend bis zum Schluss!
geschrieben am 30.11.2008 | 655 Wörter | 3657 Zeichen
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