
| ISBN | 3824012103 | |
| Autor | Roland Schurig | |
| Verlag | Deutscher Anwaltverlag | |
| Sprache | deutsch | |
| Seiten | 759 | |
| Erscheinungsjahr | 2013 | |
| Extras | - |

Der Anwaltkommentar zur StVO hatte mit der Neuauflage im Jahr 2013 wieder einiges an Aktualisierungsarbeit zu leisten. Dies betrifft nicht nur die sprachliche Anpassung der StVO zum 01.04.2013, sondern auch die zahlreich ergangene Rechtsprechung. Immerhin war dieses Werk nicht darauf angewiesen, die Neuerung des Fahreignungsregisters abzuwarten.

Der Kommentar ist handlich und mit über 750 Seiten dennoch ausführlich. Ein Alleinstellungsmerkmal dürfte dabei die farbige Bebilderung sein, die nicht nur die Verkehrszeichen umfasst, sondern auch Verkehrssituationen mit Erläuterungen, Schaubilder (z.B. Abgrenzung von Privatfläche und öffentlichem Verkehrsraum, S. 29), Organigramme (z.B. Verkehrsorganisation auf Bundes- und Landesebene, S. 615) oder auch Piktogramme von Ausweisen, Kennzeichen u.a. (z.B. Parkautomaten, S. 227). Mittlerweile eher unüblich, hier aber noch ausführlich exerziert sind die Nachweisketten für Urteile in diversen Zeitschriften. Dadurch geht Platz verloren, den wichtigere Ausführungen einnehmen sollten, s.u.
Die Kommentierung umfasst zivil-, straf- und verwaltungsrechtliche Aspekte. Auf diese Weise hat der Leser ein umfassendes Angebot, muss aber gleichzeitig Abstriche bei der Detailgenauigkeit machen, wenn es um Spezialwissen geht. Dies kann man gut anhand der Kommentierung zu § 3 StVO nachvollziehen: Dort werden der Brems- und Anhaltweg erläutert, Bremstechniken, die Pflicht zur Anpassung der Geschwindigkeit an die Wetter- und Lichtverhältnisse und diverse Aspekte zur Geschwindigkeit an sich (Spielstraße, Schneeketten u.a.). Natürlich kommt die Geschwindigkeitsmessung zur Sprache (S. 88-94), jedoch ist für eine systematische Befassung mit den Messverfahren, den möglichen Fehlern und v.a. der Problematik des standardisierten Messverfahrens Spezialliteratur notwendig.
Dass durch zu kurze Formulierungen Probleme manchmal ungenau dargestellt werden, ist allerdings ein vermeidbarer Umstand: dies ist bspw. zu sehen bei der Frage des Anscheinsbeweises beim Auffahrunfall (S. 97, Fn. 1: die dort aufgestellte pauschale Behauptung, dass bei einem Auffahrunfall der Beweis des ersten Anscheins für das Verschulden des Auffahrenden spricht, ist so nicht tragbar, vgl. nur BGH, Urt. v. 30.11.2010, VI ZR 15/10, juris, und BGH, Urt. v. 13.12.2011, VI ZR 177/10, VersR 2012, 248). Dass das Ausscheren zum Überholen, § 5 Abs. 4 StVO innerhalb der Norm praktisch unerwähnt bleibt (Ausnahme auf S. 114, wo § 5 Abs. 4. S. 4 StVO erwähnt wird), ist auch ein verwunderlicher Lapsus. Ebenfalls unglücklich ist der Aufbau der Kommentierung beim Rotlichtverstoß (S. 426 ff.): Hier beginnt der Autor mit der Rechtsfolge und benennt knapp die möglichen Ausnahmen, bevor er erst danach auf die eigentlichen Tatsachenfeststellungen und die dabei bestehenden Eingrenzungen durch die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zu sprechen kommt - eine Prüfung funktioniert eigentlich genau anders herum. Ausführungen zu zivilrechtlichen Haftungsquoten sucht man zum Rotlichtverstoß (wie auch bei Verstößen gegen andere Normen der StVO) vergebens.
Verstöße gegen § 23 Abs. 1a StVO (Handyverbot) werden sehr ausführlich dargestellt, allerdings leistet sich der Autor auf S. 317 eine geradezu groteske Unterstellung bezüglich des Umfangs des „Benutzens“ im Sinne der Norm: „Die Rechtsprechung geht somit wohl auch im Interesse der Polizei und der Tatrichter sehr weit, indem es nicht darauf ankommt, ob tatsächlich Handyfunktionen benutzt werden, sondern dass das Handling mit dem Mobiltelefon eine „Benutzung“ unterstellt.“ Ganz abgesehen vom unsäglichen Neusprech des „Handlings“ des Handys samt Inhaltsoffenheit des Begriffs (man kann ja auch Jonglieren mit dem Gerät darunter verstehen) - was will der Autor damit ausdrücken? Dass der „Tatrichter“ kein Teil der „Rechtsprechung“ ist? Dass die Rechtsprechung gefälligst den technischen Fortschritt der Smartphones ignorieren soll? Dass eine Rechtsvorschrift nicht nach dem technischen Fortschritt ausgelegt werden darf? Und dass dann statt zahlreicher OLG-Entscheidungen das AG Gummersbach zur Untermauerung der Behauptung des Autors herangezogen wird, führt eher zur Erheiterung, denn zur Überzeugung des Lesers.
Letzten Endes kann man den Kommentar sicherlich gut als Komplementärwerk zu den etablierten Kommentaren zum Straßenverkehrsrecht nutzen. Für den Erstzugriff in der gerichtlichen Praxis eignet sich das sicherlich anschauliche Werk meiner persönlichen Ansicht nach nur bedingt.
geschrieben am 25.06.2013 | 603 Wörter | 3924 Zeichen
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