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Franz Pfeffer von Salomon, Hitlers vergessener Oberster SA-Führer


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Rezension von

Dr. Sebastian Felz

Franz Pfeffer von Salomon, Hitlers vergessener Oberster SA-Führer Schon der Untertitel dieser Biographie verdeutlicht das Anliegen des Biographen. Mark A. Fraschka möchte mit seiner Dissertation, die er am Lehrstuhl für Neueste Geschichte und Didaktik der Geschichte von Professor Dr. Rainer F. Schmidt verfasst hat, Franz Pfeffer von Salomon (1888-1968) aus den „toten Winkeln“ der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts herausholen. Wer war Franz Pfeffer von Salomon? Und lohnt sich heute noch eine geschichtswissenschaftliche Beschäftigung mit ihm? Pfeffer von Salomon wurde 1888 in Münster in eine katholische Beamtenfamilie hineingeboren, studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Marburg und Münster. 1907 wurde er Korporierter bei Vandalia Heidelberg. Nach seinem Referendarexamen trat er als Fahnenjunker in das Infanterie-Regiment Nr. 13 in Münster ein. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Hauptmann und Bataillonskommandeur an der Westfront teil. Pfeffer erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Nach der Kriegsniederlage beteiligte er sich mit seinem „Freikorps von Pfeffer “, er war am lettischen Staatsstreich sowie an den Auseinandersetzungen gegen die „Rote Armee“ im Baltikum 1919 beteiligt und bekämpfte den Aufstand der „Roten Ruhrarmee“ im Ruhrgebiet nach dem Kapp-Putsch im März 1920. Er versuchte, mit dem „Frontbund“ einen Interessenverband zu gründen und überführte seinen Freikorps in die „Arbeitsgemeinschaft P.“ Im März 1921 musste er sich vor einem Reichswehrgericht wegen der „Gründung einer unerlaubten militärischen Organisation“ verantworten und wurde schließlich freigesprochen. Er beteiligte sich an den Kämpfen in Oberschlesien und am passiven wie aktiven Widerstand 1923 gegen die belgisch-französische Ruhrgebietsbesetzung („Zentrale Nord“). Er wurde von französischer Seite in Abwesenheit zum Tode verurteilt. 1924 gründete er gemeinsam mit Joseph Goebbels und Karl Kaufmann (späterer „Gauleiter“ Hamburgs) den „Gau Westfalen“ der NSDAP, dessen Gauleiter er wurde. Später führten Goebbels, Kaufmann und Pfeffer den „Gau Ruhr“. Hitler ernannte Franz Pfeffer von Salomon am 1. November 1926 zum „Obersten Führer der SA“ (OSAF). Unter Pfeffers Führung entwickelte sich die SA zu einem weitgehend unabhängigen, zentral gelenkten Kampfverband. Die Mitgliederzahl stieg von etwa 25.000 (1926) auf über 60.000 (1930). Nach Konflikten mit Pfeffer von Salomon über den Einfluss der NSDAP auf die SA übernahm Hitler im August 1930 selbst die Führung dieser Parteiorganisation und ernannte im Januar 1931 Ernst Röhm zum „Führer“ der SA. Von 1932 bis November 1941 war Pfeffer Reichstagsabgeordneter der NSDAP und gehörte dem „Verbindungsstab des Führers“ in der Reichskanzlei an. Er wurde „Kirchenbeauftragter des Führers“. Aufgrund verschiedener parteiinterner Querelen und seiner Bekanntschaft mit Rudolf Heß, der sich nach England abgesetzt hatte, fiel er in Ungnade. Er wurde auf Veranlassung Hitlers im November 1941 aus der Partei ausgeschlossen. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 befand er sich kurzzeitig in Haft. In der Bundesrepublik engagierte sich Pfeffer, der ohne Probleme entnazifiziert wurde, während der späten vierziger und frühen fünfziger Jahre im hessischen Landesverband der konservativen Deutschen Partei und stellte sich Historikern als Zeitzeuge zur Verfügung. Schon diese äußeren Stationen seines politischen Lebens rechtfertigen eine Biographie Franz Pfeffer von Salomons. Fraschka gelingt es darüber hinaus, in dieser Biographie aufgrund seiner breiten archivalischen Recherchen (dazu gehört auch das Familienarchiv) sowie einer detaillierten Auswertung der damaligen „Freikorpsliteratur“ (Memoiren, Periodika) und der historischen Forschungsliteratur ein dichtes Bild der Frühzeit der NSDAP und der SA zu zeichnen sowie Franz Pfeffer als Prototyp eines Nationalsozialisten der Kampfzeit zu konturieren. Der Autor wagt sich aufgrund fehlender Quellen für die Militärzeit (Ausbildung sowie der Weltkriegsteilnahme) an eine mentalitätsgeschichtliche Generalisierung, die als Hilfskonstruktion Rückschlüsse auf die Sozialisierung Pfeffers geben soll und die aufgrund der breiten Auswertung zeitgenössischer Erlebnisberichte sowie historischer Forschungen plausibel aufgebaut wird. Das Herzstück dieser Untersuchung bilden die Seiten 85 bis 452, welche die 1920er-Jahre beschreiben. Hier gelingt Fraschka eine dichte Beschreibung der Frühgeschichte des Nationalsozialismus. Hier wird Pfeffer als idealtypischer Freikorpsführer und Konterrevolutionär auf seinen Kampfplätzen Baltikum, Kapp-Putsch, Ruhrkampf, Pommern, Schlesien sowie Widerstand gegen die Ruhrbesetzung 1923 porträtiert. Das „Freikorps Pfeffer“ galt unter den antirepublikanischen Freikorps als besonders radikal und gewaltbereit. Nach dem Hitlerputsch brach für die radikale Rechte trotz des Wirkens von Ludendorffs eine „führerlose“ Zeit an. Nach Hitlers Haftentlassung analysiert Fraschka sehr pointiert die organisatorische Durchdringung und den Aufbau der NSDAP in Westfalen. Exemplarisch an vier Auseinandersetzungen mit anderen NS-Führern kann der Autor die gnadenlose Konfliktkultur innerhalb der NS-Partei aufzeigen. Immer wieder lief die Konfliktlösung auf die Person des „Führers“ zu, der dadurch seine Stellung im Gefüge der NSDAP immer weiter stärkte. Pfeffers Organisationstalent führte zur Gründung einer Vielzahl von Suborganisationen, die unter dem Dach der SA gegründet wurden: Dazu gehörten die Hitlerjugend, der „Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund“ oder der „Nationalsozialistische Automobilkorps“. Diese Vorfeldorganisationen unterstützten den Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei ab 1929 ungemein. Interessant sind auch die Passagen über die SA als Wirtschaftsunternehmen. Eigene Gaststätten, die Zigarettenmarke „Sturm“, Rasierklingen mit dem Namen „Stürmer“, Margarine und Schokolade der SA sind einige Projekte Pfeffers. Ein „NS-Kundendienst“, der Gewerbetreibenden, SA-Leute gegen Rückzahlungen als Kunden zuführen sollte, blieb in der Planungsphase stecken. Die immer wiederkehrenden Vorwürfe der Veruntreuung von Geldern der verschiedenen Organisationen, die Pfeffer führte, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Darstellung Fraschkas. Pfeffer war ein Mann der „Tat“ und der „Gewalt“. Der „Legalitätskurs“ der NSDAP Ende der 1920er-Jahre führte schließlich zu Pfeffers Demission. Der Autor erzählt prägnant die Lebensgeschichte dieses nun wiederentdeckten Nationalsozialisten der „Kampfzeit“. 1928 schrieb Goebbels: „Pfeffer ist ein tolles Unikum“. Mark Fraschka hat dieses Unikum nun vollständig im toten Winkel der Geschichte ausgeleuchtet.

Schon der Untertitel dieser Biographie verdeutlicht das Anliegen des Biographen. Mark A. Fraschka möchte mit seiner Dissertation, die er am Lehrstuhl für Neueste Geschichte und Didaktik der Geschichte von Professor Dr. Rainer F. Schmidt verfasst hat, Franz Pfeffer von Salomon (1888-1968) aus den „toten Winkeln“ der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts herausholen.

Wer war Franz Pfeffer von Salomon? Und lohnt sich heute noch eine geschichtswissenschaftliche Beschäftigung mit ihm?

Pfeffer von Salomon wurde 1888 in Münster in eine katholische Beamtenfamilie hineingeboren, studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Marburg und Münster. 1907 wurde er Korporierter bei Vandalia Heidelberg. Nach seinem Referendarexamen trat er als Fahnenjunker in das Infanterie-Regiment Nr. 13 in Münster ein. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Hauptmann und Bataillonskommandeur an der Westfront teil. Pfeffer erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Nach der Kriegsniederlage beteiligte er sich mit seinem „Freikorps von Pfeffer “, er war am lettischen Staatsstreich sowie an den Auseinandersetzungen gegen die „Rote Armee“ im Baltikum 1919 beteiligt und bekämpfte den Aufstand der „Roten Ruhrarmee“ im Ruhrgebiet nach dem Kapp-Putsch im März 1920. Er versuchte, mit dem „Frontbund“ einen Interessenverband zu gründen und überführte seinen Freikorps in die „Arbeitsgemeinschaft P.“ Im März 1921 musste er sich vor einem Reichswehrgericht wegen der „Gründung einer unerlaubten militärischen Organisation“ verantworten und wurde schließlich freigesprochen. Er beteiligte sich an den Kämpfen in Oberschlesien und am passiven wie aktiven Widerstand 1923 gegen die belgisch-französische Ruhrgebietsbesetzung („Zentrale Nord“). Er wurde von französischer Seite in Abwesenheit zum Tode verurteilt. 1924 gründete er gemeinsam mit Joseph Goebbels und Karl Kaufmann (späterer „Gauleiter“ Hamburgs) den „Gau Westfalen“ der NSDAP, dessen Gauleiter er wurde. Später führten Goebbels, Kaufmann und Pfeffer den „Gau Ruhr“. Hitler ernannte Franz Pfeffer von Salomon am 1. November 1926 zum „Obersten Führer der SA“ (OSAF). Unter Pfeffers Führung entwickelte sich die SA zu einem weitgehend unabhängigen, zentral gelenkten Kampfverband. Die Mitgliederzahl stieg von etwa 25.000 (1926) auf über 60.000 (1930). Nach Konflikten mit Pfeffer von Salomon über den Einfluss der NSDAP auf die SA übernahm Hitler im August 1930 selbst die Führung dieser Parteiorganisation und ernannte im Januar 1931 Ernst Röhm zum „Führer“ der SA. Von 1932 bis November 1941 war Pfeffer Reichstagsabgeordneter der NSDAP und gehörte dem „Verbindungsstab des Führers“ in der Reichskanzlei an. Er wurde „Kirchenbeauftragter des Führers“. Aufgrund verschiedener parteiinterner Querelen und seiner Bekanntschaft mit Rudolf Heß, der sich nach England abgesetzt hatte, fiel er in Ungnade. Er wurde auf Veranlassung Hitlers im November 1941 aus der Partei ausgeschlossen. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 befand er sich kurzzeitig in Haft. In der Bundesrepublik engagierte sich Pfeffer, der ohne Probleme entnazifiziert wurde, während der späten vierziger und frühen fünfziger Jahre im hessischen Landesverband der konservativen Deutschen Partei und stellte sich Historikern als Zeitzeuge zur Verfügung.

Schon diese äußeren Stationen seines politischen Lebens rechtfertigen eine Biographie Franz Pfeffer von Salomons. Fraschka gelingt es darüber hinaus, in dieser Biographie aufgrund seiner breiten archivalischen Recherchen (dazu gehört auch das Familienarchiv) sowie einer detaillierten Auswertung der damaligen „Freikorpsliteratur“ (Memoiren, Periodika) und der historischen Forschungsliteratur ein dichtes Bild der Frühzeit der NSDAP und der SA zu zeichnen sowie Franz Pfeffer als Prototyp eines Nationalsozialisten der Kampfzeit zu konturieren.

Der Autor wagt sich aufgrund fehlender Quellen für die Militärzeit (Ausbildung sowie der Weltkriegsteilnahme) an eine mentalitätsgeschichtliche Generalisierung, die als Hilfskonstruktion Rückschlüsse auf die Sozialisierung Pfeffers geben soll und die aufgrund der breiten Auswertung zeitgenössischer Erlebnisberichte sowie historischer Forschungen plausibel aufgebaut wird.

Das Herzstück dieser Untersuchung bilden die Seiten 85 bis 452, welche die 1920er-Jahre beschreiben. Hier gelingt Fraschka eine dichte Beschreibung der Frühgeschichte des Nationalsozialismus. Hier wird Pfeffer als idealtypischer Freikorpsführer und Konterrevolutionär auf seinen Kampfplätzen Baltikum, Kapp-Putsch, Ruhrkampf, Pommern, Schlesien sowie Widerstand gegen die Ruhrbesetzung 1923 porträtiert. Das „Freikorps Pfeffer“ galt unter den antirepublikanischen Freikorps als besonders radikal und gewaltbereit. Nach dem Hitlerputsch brach für die radikale Rechte trotz des Wirkens von Ludendorffs eine „führerlose“ Zeit an. Nach Hitlers Haftentlassung analysiert Fraschka sehr pointiert die organisatorische Durchdringung und den Aufbau der NSDAP in Westfalen. Exemplarisch an vier Auseinandersetzungen mit anderen NS-Führern kann der Autor die gnadenlose Konfliktkultur innerhalb der NS-Partei aufzeigen. Immer wieder lief die Konfliktlösung auf die Person des „Führers“ zu, der dadurch seine Stellung im Gefüge der NSDAP immer weiter stärkte.

Pfeffers Organisationstalent führte zur Gründung einer Vielzahl von Suborganisationen, die unter dem Dach der SA gegründet wurden: Dazu gehörten die Hitlerjugend, der „Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund“ oder der „Nationalsozialistische Automobilkorps“. Diese Vorfeldorganisationen unterstützten den Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei ab 1929 ungemein. Interessant sind auch die Passagen über die SA als Wirtschaftsunternehmen. Eigene Gaststätten, die Zigarettenmarke „Sturm“, Rasierklingen mit dem Namen „Stürmer“, Margarine und Schokolade der SA sind einige Projekte Pfeffers. Ein „NS-Kundendienst“, der Gewerbetreibenden, SA-Leute gegen Rückzahlungen als Kunden zuführen sollte, blieb in der Planungsphase stecken. Die immer wiederkehrenden Vorwürfe der Veruntreuung von Geldern der verschiedenen Organisationen, die Pfeffer führte, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Darstellung Fraschkas. Pfeffer war ein Mann der „Tat“ und der „Gewalt“. Der „Legalitätskurs“ der NSDAP Ende der 1920er-Jahre führte schließlich zu Pfeffers Demission. Der Autor erzählt prägnant die Lebensgeschichte dieses nun wiederentdeckten Nationalsozialisten der „Kampfzeit“. 1928 schrieb Goebbels: „Pfeffer ist ein tolles Unikum“. Mark Fraschka hat dieses Unikum nun vollständig im toten Winkel der Geschichte ausgeleuchtet.

geschrieben am 05.01.2017 | 859 Wörter | 5686 Zeichen

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