ISBN | 3423246901 | |
Autor | François Gantheret | |
Verlag | dtv | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 178 | |
Erscheinungsjahr | 2009 | |
Extras | - |
Drei Jahrzehnte ist es her, dass Pauls erste große Liebe Claire erschlagen an einem Bach aufgefunden wurde. Er kehrt zurück in seinen Heimatort Angelettes, ein kleines Dorf in den Savoyer Alpen, um den elterlichen Hof an die Pächter zu verkaufen - und das benachbarte Chalet der Familie Claires zu erwerben. Die Erinnerungen an das traumatische Erlebnis kommen wieder und er versucht, mit der Vergangenheit ins Reine zu gelangen. Erschwerend dabei ist jedoch, dass der Mörder nie gefunden wurde, weil alle Bewohner des Dorfes über das schwiegen, was sie vermuteten oder möglicherweise wussten. Aber nicht nur in Pauls Gedanken gewährt Autor François Gantheret seinem Leser Einblick, sondern auch beispielsweise in die von Aline, die mit ihrem etwas zurückgebliebenen Bruder das Chalet instand hält und von Béatrice, der Schwester Claires, welche erst nach deren Tod geboren wurde, ihr dafür aber extrem ähnelt – was Paul in Verwirrung stürzt.
Nach und nach entwickelt Gantheret das Psychogramm eines ganzen Dorfes, zeigt die Auswirkungen jener lange vergangenen Tragödie, die von allen totgeschwiegen wurde und dennoch Auswirkungen auf das Leben aller Beteiligten hat. Der Leser hält die Puzzelteile in der Hand, kann sie zusammenfügen, aber gelangt zum Schluss zu einer Erkenntnis, die völlig anders ist, als man zu Beginn erwartet – es handelt sich hier eben nicht um einen Detektivroman nach schlichter Who-dunnit- Manier.
Außerdem ist der Roman sprachlich ein Genuss, das Geräusch des Baches ist die alles bestimmende Hintergrundmelodie, die Landschaft wird auf eindringliche, poetische Weise beschrieben und die Erzählung ist in diese Atmosphäre eingebettet- in scharfem Kontrast zum städtischen Leben, das Paul und Béatrice zuvor hatten, welches aber auch relativ wenig Raum in den Schilderungen einnimmt.
Bei mir hat die Geschichte eine nachdenkliche Stimmung zurückgelassen, die immer wieder gestellte Frage nach dem Sinn des Lebens "Wo gehen wir hin, wo kommen wir her?" ist Teil der Überlegungen. Ein wenig aus seinem Erfahrungsschatz als Psychoanalytiker dürfte der Autor bei der Figur Pauls geschöpft haben, da dieser den gleichen Beruf ausübt – und sich doch selbst nicht helfen kann.
Uneingeschränkt empfehlenswert für ruhige, nachdenkliche Leseabende.
geschrieben am 25.08.2009 | 338 Wörter | 1965 Zeichen
Kommentare zur Rezension (0)
Platz für Anregungen und Ergänzungen