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Institutionelle Macht


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Rezension von

Daniel Bigalke

Institutionelle Macht Die Frage der Phänomenologie der Macht wird an Bedeutung gewinnen. In Zeiten politischer Krisen und arbeitsmarktpolitischer Rezession wird das Problem von Ursprung und Leitidee der politischen Macht und Staatsräson gewichtig. Behält ein formalistischer Indifferentismus die Oberhand und schwindet das Vertrauen in die politische Führung, weil diese die Integration der Regierten nicht mehr zu gewährleisten befähigt ist, so liegt die Frage nach fundamentalen Alternativen und die des Behauptens und Bestreitens von institutioneller Macht auf der Hand. Das vorliegende Buch des Teams eines entsprechenden Sonderforschungsbereiches der TU Dresden hat in einem voluminösen Werk mit zahlreichen Beiträgen diese Fragen anhand spezifischer Beispiele beleuchtet. Man stellt fest, daß sich Macht über eine implementierte normative Dimension von Sprache und politischem Selbstbild behauptet. Macht stützt sich auf die permanente Wiederkehr herrschaftsaffirmativer und oftmals wenig reflektierter Begriffe unter dem Gewand der vermeintlichen Reflexion, d.h. dem Gewand dessen, die eigentliche Alternative zu sein. Nur ist ein solches Verhalten, etwa der Pauschalvorwurf "Extremismus" selbst das Gegenteil einer jeden sinnvollen politischen Reflexion. Daß sich dennoch dieses unreflektierte Selbstbild von Staaten - auch entgegen gewissen neuen Ansprüchen sich verändernder Vorstellungen im dynamischen Wechsel der Generationen - permanent und monoton zu reproduzieren versucht, liegt auf der Hand und ist historisch immer wieder nachvollziehbar. Ob das einer „identitätsstiftenden“Standardisierung dient oder vielmehr, wie in der deutschen Nachkriegsdemokratie nach 1945 geschehen, präskriptive Regeln zur Relativierung konkreter und vorausgehender Identität einführt, sei dahingestellt. Institutionelle Ordnungen jedenfalls sind konstitutiv darauf angewiesen, Geltung aus sich heraus zu erzeugen, um nicht tautologisch allein durch die Faktizität ihres Bestehens zu gelten. Auf eine phänomenologische Lageanalyse, wie sie der Politologe Hans-Joachim Arndt entwarf und forderte, wurde nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in der DDR kaum Rücksicht genommen. Das und noch vieles mehr aus anderen Lebensbereichen, etwa der standardisierten Machtverteilung im Eheleben, macht diesen Sammelband erstaunlich lesenswert. Der politologische Denker erwartet selbstverständlich einen Rekurs auf die Institutionenlehre Arnold Gehlens. Dieser erfolgt leider nur punktuell. An der einzigen Stelle mit dezidiertem Rekurs auf Gehlen wird greifbar, daß historisch gesehen oft der Glaube an die Alternativlosigkeit von Institutionen erzeugt wurde - wie in der DDR. Sehr spannend ist hier die wertfreie Rezeption Gehlens am Beispiel des „antifaschistischen“ Legitimationskonstrukts der DDR. Man darf auf eine ebensolche wertfreie Exegese im Zuge der in der Bundesrepublik expandierenden "herrschaftsfreien" Rigidität des „Antifaschismus“ hoffen. Das Buch erscheint zur richtigen Zeit. Der Leser erkennt nunmehr: Die Staatsräson eines Landes trägt in sich immer und notwendig die Potentialität des Auch-Anders-Sein-Könnens - wenn es Wille und Umstand auch entgegen den scheinbaren Dominanzstrukturen der herrschenden Ideologie erforderlich machen.

Die Frage der Phänomenologie der Macht wird an Bedeutung gewinnen. In Zeiten politischer Krisen und arbeitsmarktpolitischer Rezession wird das Problem von Ursprung und Leitidee der politischen Macht und Staatsräson gewichtig. Behält ein formalistischer Indifferentismus die Oberhand und schwindet das Vertrauen in die politische Führung, weil diese die Integration der Regierten nicht mehr zu gewährleisten befähigt ist, so liegt die Frage nach fundamentalen Alternativen und die des Behauptens und Bestreitens von institutioneller Macht auf der Hand.

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Das vorliegende Buch des Teams eines entsprechenden Sonderforschungsbereiches der TU Dresden hat in einem voluminösen Werk mit zahlreichen Beiträgen diese Fragen anhand spezifischer Beispiele beleuchtet. Man stellt fest, daß sich Macht über eine implementierte normative Dimension von Sprache und politischem Selbstbild behauptet. Macht stützt sich auf die permanente Wiederkehr herrschaftsaffirmativer und oftmals wenig reflektierter Begriffe unter dem Gewand der vermeintlichen Reflexion, d.h. dem Gewand dessen, die eigentliche Alternative zu sein. Nur ist ein solches Verhalten, etwa der Pauschalvorwurf "Extremismus" selbst das Gegenteil einer jeden sinnvollen politischen Reflexion. Daß sich dennoch dieses unreflektierte Selbstbild von Staaten - auch entgegen gewissen neuen Ansprüchen sich verändernder Vorstellungen im dynamischen Wechsel der Generationen - permanent und monoton zu reproduzieren versucht, liegt auf der Hand und ist historisch immer wieder nachvollziehbar. Ob das einer „identitätsstiftenden“Standardisierung dient oder vielmehr, wie in der deutschen Nachkriegsdemokratie nach 1945 geschehen, präskriptive Regeln zur Relativierung konkreter und vorausgehender Identität einführt, sei dahingestellt. Institutionelle Ordnungen jedenfalls sind konstitutiv darauf angewiesen, Geltung aus sich heraus zu erzeugen, um nicht tautologisch allein durch die Faktizität ihres Bestehens zu gelten.

Auf eine phänomenologische Lageanalyse, wie sie der Politologe Hans-Joachim Arndt entwarf und forderte, wurde nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in der DDR kaum Rücksicht genommen.

Das und noch vieles mehr aus anderen Lebensbereichen, etwa der standardisierten Machtverteilung im Eheleben, macht diesen Sammelband erstaunlich lesenswert. Der politologische Denker erwartet selbstverständlich einen Rekurs auf die Institutionenlehre Arnold Gehlens. Dieser erfolgt leider nur punktuell. An der einzigen Stelle mit dezidiertem Rekurs auf Gehlen wird greifbar, daß historisch gesehen oft der Glaube an die Alternativlosigkeit von Institutionen erzeugt wurde - wie in der DDR. Sehr spannend ist hier die wertfreie Rezeption Gehlens am Beispiel des „antifaschistischen“ Legitimationskonstrukts der DDR. Man darf auf eine ebensolche wertfreie Exegese im Zuge der in der Bundesrepublik expandierenden "herrschaftsfreien" Rigidität des „Antifaschismus“ hoffen. Das Buch erscheint zur richtigen Zeit. Der Leser erkennt nunmehr: Die Staatsräson eines Landes trägt in sich immer und notwendig die Potentialität des Auch-Anders-Sein-Könnens - wenn es Wille und Umstand auch entgegen den scheinbaren Dominanzstrukturen der herrschenden Ideologie erforderlich machen.

geschrieben am 23.11.2006 | 413 Wörter | 2812 Zeichen

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